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Führung am Holocaust-Gedenktag
Mosbach. (bd) „Für mich ist nicht nur der heutige Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus ein wichtiger Anlass, hierher zu kommen“, erklärte Horst Berger, Bundestagskandidat von Bündnis 90/Die Grünen, bei der Begrüßung der rund 20 Teilnehmenden. Sie hatten sich am Montagnachmittag versammelt, um den Maria-Zeitler-Pfad in der Mosbacher Johannes-Diakonie zu begehen. Besonders besorgt zeigte sich Berger über aktuelle Tendenzen, in denen der Wert eines Menschen wieder nach seiner Nützlichkeit bemessen werde.
Ein besonderer Dank ging an Christian Kretz sowie die Lotsen-Partner Thomas März und Ursel Nickels-Scholer, die die Führung ermöglichten.
Die Geschichte des Maria-Zeitler-Pfads
Am Maria-Zeitler-Platz, nahe der Johanneskirche, erläuterten Kretz und März die Bedeutung von Maria Zeitler und die Entstehung des Gedenkpfads. Thomas März griff dabei das menschenverachtende Denken der NS-Zeit auf, das in der Dissertation von Dr. Hans Werner Scheuing treffend mit dem Titel „… als Menschenleben gegen Sachwerte gewogen wurden“ beschrieben wird. Diese Arbeit bildet die wissenschaftliche Grundlage des Lehrpfads, der über eine Strecke von 1,3 Kilometern in sieben Stationen die Geschichte der NS-„Euthanasie“ in der ehemaligen „Erziehungs- und Pflegeanstalt für Geistesschwache Mosbach/Schwarzacher Hof“ aufzeigt.
In dieser Einrichtung fielen 263 Menschen dem nationalsozialistischen Mordprogramm zum Opfer. Maria Zeitler, die nach einer Hirnhautentzündung im Alter von drei Jahren eine Behinderung erlitt, wurde im September 1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet. Ihr Schicksal steht exemplarisch für das systematische Töten behinderter Menschen, das später als Blaupause für den Holocaust und die industriellen Vernichtungslager diente. Vor ihrem Geburtshaus im Mosbacher Gartenweg erinnert heute ein Stolperstein an sie – initiiert von der Geschichts-AG des Nikolaus-Kistner-Gymnasiums, die sich intensiv mit ihrem Leben und ihrer Ermordung auseinandergesetzt hat.
Wachsende Nachfrage nach Führungen
Die Führungen auf dem Maria-Zeitler-Pfad stoßen auf großes Interesse. Am vergangenen Wochenende begingen über 100 Konfirmandinnen und Konfirmanden den Geschichtsweg. Monatlich werden mehrere Führungen von den sieben inklusiven Lotsen-Teams organisiert.
Zum Abschluss dankte Horst Berger den Lotsen für ihr beeindruckendes Engagement und die eindrücklichen Schilderungen. „Dieser Tag wird bei mir lange nachhallen“, fasste er seine Eindrücke zusammen.