Hinter den Kulissen wurden Notquartiere eingerichtet
Pferdeboxen wurden in Rekordzeit für die Vögel vorübergehend umfunktioniert. (Foto: pm)
Heidelberg. (pm) Es ist überraschend ruhig, wenn Besucher den Flamingosee im Heidelberger Zoo umrunden. Kein Geschnatter der Roten Flamingos ist zu hören. Nur wenige Möwen und Enten entdeckt man auf dem teils gefrorenen Wasser. Auch im Küstenpanorama, eine der beliebten begehbaren Vogelvolieren im Zoo, ist es still geworden. Wildlebende Spatzen und Sperlinge, die durch das grobmaschige Netz ungehindert in die Voliere einfliegen können und von den dort üblicherweise angebotenen Futterrationen profitierten, suchen noch nach verbliebenen Futterresten. „Wo sind nun all die vielen Zoovögel?“ fragt sich manch ein treuer Zoo-Besucher. „Aufgestallt“ lautet die inzwischen als Begriff bekannte Antwort, was so viel bedeutet wie „in einem geschlossenen Bereich, den nur berechtigte Personen betreten dürfen und in den keine Wildvögel eindringen können“. Diese Bereiche befinden sich im Zoo Heidelberg hinter den Kulissen und stehen sonst beispielsweise als Quarantänestation für Neuankömmlinge bereit. „Der Platz hinter den Kulissen ist natürlich in der Größe nicht vergleichbar mit den großen und abwechslungsreich gestalteten Volieren“, bedauert Simon Bruslund, Vogelkurator im Zoo Heidelberg.
„Unser Glück ist in diesem Jahr zudem, dass wir auch auf dem Erweiterungsgelände in der ehemaligen Reithalle noch Bereiche umgestalten konnten, bevor im nächsten Jahr dort die geplante Nutzung umgesetzt werden kann“, berichtet der Vogelkurator weiter. „Ohne diese Fläche wäre kein ausreichender Platz im Zoo zur Verfügung. Wir müssen uns dennoch mit der Frage beschäftigen, wie wir in Zukunft mit entsprechenden Problematiken umgehen können.“
Leider sind die Vögel daher zurzeit für die Besucher nicht zu sehen. „Und dabei ist gerade der Blick auf einen verschneiten See mit den farbenfrohen Flamingos und den vielen prächtig gefärbten Enten im Winter ein echter Hingucker“, wie eine Zoobesucherin verständnisvoll bemerkt.
Die Zoomitarbeiter sorgen sich ebenfalls um die Auswirkungen der aktuellen Situation auf die Tiere. Durch den Stress, dem die Vögel mit der temporären Umsiedlung ausgesetzt wurden, können Änderungen in den üblichen Verhaltensmustern auftreten. Da die Auslaufflächen nicht so großzügig angelegt werden können, kann es vorkommen, dass es bei den Tieren zu Neuausrichtungen in den sozialen Strukturen kommt. Dadurch können Störungen im Mauserrhythmus oder auch Ausfälle in den Brutergebnissen entstehen. Besonders bei Meeresenten ist zudem der Frischluftzugang von großer Bedeutung, um Luftwegeerkrankungen zu vermeiden.
Ganz auf Vögel müssen die Zoobesucher aber auch in den Zeiten der Sorge hinsichtlich der Vogelgrippe im Zoo Heidelberg nicht verzichten. Die Volieren der Hornvögel und Kakadus, sowie die der Blassuhus, Geierraben, Europäischen Uhus, Kolkraben und Neuntöter, wurden ausreichend mit einer extra angefertigten Folienüberdachung geschützt. Durch die engmaschigen Gitter, mit denen die Volieren zusätzlich an den Seiten ausgestattet wurden, kann kein anderer Vogel eindringen. Die Gefahr, entsprechende Erreger in das Gehege einzubringen, kann somit ausgeschlossen werden. Die Hyazintharas und Keas, die weniger anfällig für Vogelgrippe-Viren sind, werden regelmäßig beprobt und könnten im Ernstfall in ihre Schutzräume eingeschlossen werden. Dennoch bleiben alle Zoo-Mitarbeiter weiterhin aufmerksam. „Aktuell gilt es zu beobachten, wie sich die Virenverbreitung weiter entwickelt“, erklärt Frau Dr. Barbara Bach, Tierärztin im Zoo. „Danach werden wir uns richten, um dann, je nach Möglichkeit, die Vögel wieder in ihre vertraute Umgebung zu bringen“. Für manche Arten, wie z. B. die Kuba-Flamingos, bedeutet dies vermutlich dennoch, dass sie bis zu den ersten warmen Frühlingstagen in der Übergangsherberge verbleiben müssen. Sollte der Winter sehr kalt werden, wäre es zu gefährlich, die Vögel, die sich an die wärmeren Innenräume gewöhnt haben, wieder der ungewohnten Kälte auszusetzen. „Das ist unter Umständen noch gefährlicher als die Vogelgrippe selbst“, gibt Vogelkurator Simon Bruslund zu bedenken.