
_Unser Bild zeigt die Preisträger (v. links) Rainer Haag, Andreas Diefenthaler (Michael Weinig AG), Ralf Latterner (Grammer), Christian Gehrig, Lothar Beck (AZO), Harald Gans (IG Metall) (Foto: pm)
Arbeitgeber will Weihnachtsgeld halbieren
Tauberbischofsheim. (pm) Am Dienstag fand die letzte Delegiertenversammlung der IG Metall Tauberbischofsheim des Jahres statt.
Daran nahmen rund 60 Mitglieder teil. Darüber hinaus waren auch Gäste aus den Betrieben der Region Odenwald-Tauber vertreten. Die IG Metall vertritt in dieser Region Beschäftigte der Branchen Metall und Elektro, Holz und Kunststoff und Metallhandwerk.
Durch die Versammlung des höchsten IG Metall Parlaments vor Ort, führte Ralf Latterner, Ortsvorstandsmitglied der IG Metall und Betriebsratsvorsitzender der Grammer AG in Hardheim.
In seinem Geschäftsbericht stellte der 1. Bevollmächtigte Harald Gans die Situation der Geschäftsstelle mit Rückblick auf das Jahr 2022 vor. Man stehe auf finanziell guten und sicheren Beinen, weshalb Gans betonte: „wir schauen zuversichtlich in die Zukunft, was die personelle Besetzung der Geschäftsstelle angeht.“
Im Jahr 2021 war die Mitgliederentwicklung rückläufig, was an der schwierigen Situation in den Betrieben zurückzuführen sei, führte Gans weiter aus. Einige Betriebe seien geschlossen geschlossen worden, Beschäftigte entlassen und die betriebliche Kommunikation sei durch Corona deutlich erschwert worden. Im Jahr 2022 habe sich die Situation, laut Gans, verbessert. Die Mitgliederentwicklung habe sich stabilisiert, auch wenn man das Ziel „Mitgliederzuwachs“ nicht erreicht habe.
„Die Neuaufnahmen in den Betrieben haben wieder deutlich zugenommen, leider aber auch die Austritte“, erklärt der 1. Bevollmächtigte und erläutert auch die Analyse der Austritte.
Der demografische Wandel schlage auch bei den IG Metall-Mitgliedern zu. Die Beschäftigten der Baby-Boomer Jahre treten nach und nach in die Rente und kündigen dann ihre Mitgliedschaft.
„Häufig aus Unwissenheit, da die IG Metall auch in der Rente eine gute Unterstützung im Bereich des Sozialrechts sei“, so Gans. Deshalb werde man sich im nächsten Jahr neben dem Alltagsgeschäft auch der Frage stellen, wie man Mitglieder außerhalb der Betrieb und ausscheidende Mitglieder auch nach dem Arbeitsleben an die Gewerkschaft binden könne.
„Die Mitgliederentwicklung ist kein Selbstzweck, sondern sie dient der Stärkung der Geschäftsstelle und der Kraft in den Betrieben für gute Tarifverträge und damit gute Arbeitsbedingungen auch und gerade im ländlichen Bereich der Region Odenwald/Tauber“, betont Harald Gans.
Mit einem Blick auf die gerade beendete Tarifrunde erläutert Harald Gans das Wirken im Einzugsgebiet der IG Metall Tauberbischofsheim. Angetreten sei man mit einer Forderung von acht Prozent.
Ungünstige Einflüsse habe die Tarifrunde nicht einfach gemacht: Krieg, Corona, Inflation und Lieferkettenproblem. Daher war es der IG Metall auch klar, dass die aktuelle Situation und der Kaufkraftverlust durch die Inflation nicht allein durch die Tarifrunde geregelt werden konnten.
Politische Forderungen führten unter anderem auch zu Sofortentlastungen im vergangenen September für Beschäftigte, Rentenempfänger, und Studierende. Die Steuer- und Abgabenbefreiung für Zusatzzahlungen des Arbeitgebers bringen mehr Netto vom Brutto.
Die Strom- und Gaspreisbremse hilft den Beschäftigten, aber auch der Wirtschaft, auch dafür habe sich die IG Metall stark gemacht. „Schließlich ist es auch unser Anliegen, dass die Betriebe am Leben bleiben, denn es sind die Arbeitsplätze unserer Kolleginnen und Kollegen, insofern haben wir uns auch für Entlastung der Unternehmen stark gemacht“, so Gans.
Aber die IG Metall sei auch dafür, dass Zufallsgewinne der Energieerzeuge vom Staat abgeschöpft werden, damit der Staat genau diese Gelder auch andere Betriebe verteilen kann. Auch sei es gut, dass der Bezug von Kurzarbeitergeld wieder verlängert wurde.
Für die Entgeltentwicklung hatten sich in Baden-Württemberg knapp 300.000 Mitglieder und Beschäftigte stark gemacht und sich an Warnstreiks beteiligt.
„Nach der langen Verweigerungshaltung der Arbeitgeber waren die Warnstreiks notwendig geworden. Es war eins super Leistung aller Streikenden, immerhin 3.200 in den Betrieben der IG Metall Tauberbischofsheim“, bedankte sich der 1. Bevollmächtigte Harald Gans bei den Vertretern der Mitglieder in den Betrieben.
Und so wurde das Ergebnis von einer Inflationsausgleichprämie in zwei Tranchen zu je 1.500 Euro, im Zeitraum bis Februar 2024 erreicht. „Auszubildende, Studierende und Teilzeitkräfte erhalten diese Prämie in reduzierter Form. Das hat uns nicht gefallen, aber es ist das Ergebnis eines Kompromisses“, stellte Gans fest.
Die Entgelttabellen werden ab Juni 2023 um 5,2 Prozent und im Mai 2024 um 3,3 Prozent erhöht. Daneben gibt es Änderungen bei einigen Einmalzahlungen im Jahresverlauf und auch eine Differenzierungsmöglichkeit für Betriebe, denen es in der Tat richtig schlecht geht.
IG Metall und Südwestmetall sind sich einig über die Gründung eines Krisenstabes für den Fall, dass Betriebe oder auch ganze Regionen einen Gasstopp erleben müssten. Dabei sei das Ziel, durch Maßnahmen die Betriebe und auch die Arbeitsplätze zu retten.
Hinsichtlich neuer Arbeitsmethoden wie z. B. „agiles Arbeiten“ wollen die Tarifparteien Untersuchungen durchführen, welche Rahmenbedingungen für die Betriebe und Beschäftigten notwendig seien, um diese in den Tarifverträgen zu berücksichtigen.
In der Aussprache zu den Geschäftsberichten gab es einige Rückmeldungen der Delegierten. Sie reichten von hoher Zufriedenheit mit dem Tarifergebnis bis hin zu Kritik an der Laufzeit und dem späten Start der ersten Erhöhung.
Die ehrenamtlichen Revisoren des Ortsvorstands prüfen regelmäßig die Buchhaltung und Kassenführung der Geschäftsstelle der IG Metall Tauberbischofsheim und bestätigten korrekte und ordentliche Kassenführung.
Damit wurden bei der Abstimmung von 44 wahlberechtigen Delegierten die beiden Bevollmächtigen Harald Gans und Rainer Seifert, sowie der gesamte Ortsvorstand entlastet und ihnen wurde damit eine gute Leistung der Geschäftsstelle Tauberbischofsheim bescheinigt.
Unser Bild zeigt von links: Lothar Beck (AZO), Harald Gans (IG Metall) Christian Gehrig (AZO), Birgit Adam (IG Metall) und Martin Götz (AZO). (Foto: pm)
Anschließend wurde aus den beiden Betrieben Grammer in Hardheim und Ruppel in Lauda berichtet.
Bei Grammer in Hardheim sei der Arbeitgeber auf die Idee gekommen, dass man die Hälfte des Weihnachtsgeldes nicht bezahlen wolle. „Die Beschäftigten im Betrieb seien verärgert, weil der Arbeitgeber in einer kurz vorher durchgeführten Betriebsversammlung kein Wort erwähnte habe und nun kurz vor Auszahlung mit diesem Antrag an die IG Metall herangetreten sei.
Die Beschäftigten hätten nun mit dem Geld gerechnet und sähen auch wirtschaftlich überhaupt nicht die Notwendigkeit, diesen Verzicht zu üben. Zumindest könne der Arbeitgeber diese Notwendigkeit nicht darlegen. Man gehe also eher davon aus, dass die Mitglieder sich in der bevorstehenden Mitgliederversammlung eher gegen einen Verzicht aussprechen werden.
Die Peter Ruppel GmbH & Co.KG hatte Insolvenz angemeldet im Schutzschirmverfahren(SWR berichtete). Es habe mehrere Investoren gegeben. Ein aktuell sehr aktiver Investor fordere jedoch die Reduzierung der Einkommen und Arbeitsbedingungen um 1/3 für die Beschäftigten.
„Die IG Metall verweigert sich den Gesprächen nicht, jedoch muss auch klar sein, dass die Beschäftigten in der Holz- und Kunststoffindustrie sowieso schon stark hinter denen der Metall- und Elektroindustrie hinterherhinken und die Gefahr besteht, dass Beschäftigte sich neue Arbeitsplätze suchen. Außerdem freue man sich über das Interesse eines weiteren und neuen Investors“, so Harald Gans.
Höhepunkt der Delegiertenversammlung war die jährliche Verleihung des Pokals an den Betrieb mit der besten Mitgliederarbeit. Gute Mitgliederarbeit beinhaltet: Stärkung der Belegschaften durch Mitgliederzuwachs, eine hohe Beteiligung der Belegschaften an Aktionen, Bewegung im Betrieb und das meistern von hohen Herausforderungen durch eine gute Organisation im Betrieb.
Den ersten Platz belegte im Jahr 2022 die AZO GmbH + Co. KG aus Osterburken. Der Betriebsratsvorsitzende Christian Gehrig, Stellvertreter Lothar Beck und der Leiter der IGM-Vertrauensleute Martin Götz nahmen die Auszeichnung gerne entgegen.
Die Mitglieder bei der Grammer AG (Hardheim) belegten in diesem Jahr den zweiten Platz, Dritter wurde die Michael Weinig AG aus Tauberbischofsheim.
„Ein gutes Team im Betrieb, ein gutes Team in der Geschäftsstelle und gute Aktionen sind ein Garant dafür, dass die Mitgliederarbeit im Betrieb funktionieren.“, schloss Harald Gans die Ehrung der Akteure im Betrieb.
In seinem Schlusswort bedankte sich Harald Gans bei den Delegierten für die gute Zusammenarbeit, für die Unterstützung und wünschte allen ein frohes Weihnachtsfest, einen guten Rutsch, viel Erholung, da man die Kraft im nächsten Jahr sicherlich brauchen werde.