Jochen Malmsheimer mit „Wenn Worte reden könnten“ in Osterburken
von Martin Hammer
Osterburken. Einmal mehr ist es dem Kleinkunst- und Kulturverein Kulturkommode Osterburken gelungen, mit Jochen Malmsheimer einen der ganz Großen der deutschen Kabarettszene zu einem Gastspiel nach Osterburken zu holen. Dafür sprach nicht alleine die Tatsache, dass die Veranstaltung innerhalb von drei Tagen ausverkauft war, sondern letztlich auch der herausragende Auftritt des wortgewaltigen Bochumers, der den Zuhörern in der Alten Schule einen Abend lang kaum Gelegenheit zum Verschnaufen gab.
In seinem Programm „Wenn Worte reden könnten“ verarbeitet Malmsheimer seine Sozialstudien auf ganz eigene Art und Weise: mit hintersinnigem Humor, nicht selten zynisch aber stets in einer enormen sprachlichen Gewandtheit und mit viel Sinn für Wortspielereien. Dabei sind es nicht nur beobachtete Szenen aus seiner Umgebung, deren Profanität der Gewinner des Deutschen Kabarettpreises so treffend entlarvt; auch vor der Entblößung eigener Jugendsünden macht er nicht Halt: die alkoholbedingt nur rudimentär vorhandenen Erinnerungen an eine Prag-Fahrt, die offensichtlich fast schon traumatischen Auswirkungen der Fernsehwerbung der 1970er Jahre und nicht zuletzt Walter, der legendäre Nudelsalat, welcher auf keiner Party fehlen durfte und in Verbindung mit billigem Lambrusco derselben häufig ein jähes Ende bereitete. Nicht wenige Lacher aus dem Publikum dürften dabei den Gedanken an ähnliche Erlebnisse entsprungen sein.
Noch ausgefeilter allerdings wurde Jochen Malmsheimers Rhetorik, wenn er sein Notizbuch zückte und beispielsweise einen Dialog eines Hundehalters mit einem Ordnungshüter vortrug, dessen Forderung nach Einhaltung der Anleinpflicht mittels spitzfindigen Überlegungen darüber, was denn nun alles hundeartige Tiere seien, aufs Köstlichste ad absurdum geführt wurde.
„Danke für Ihr Verständnis“, beantwortete Malmsheimer auch schon mal den Zuschauerapplaus – und das war durchaus wörtlich, wenn auch mit einem Augenzwinkern, zu verstehen, denn das Tempo und die Dichte der sprachlichen Feinheiten in seinem Programm verlangte dem Zuhörer mitunter einiges an Konzentration ab. Zum Zurücklehnen blieb kaum Zeit, Mitdenken war gefragt. Und genau das bezweckt der Kabarettist, der auf der Bühne durch Wort- und Stimmgewalt sowie durch unglaubliche Bühnenpräsenz in seinem zweistündigen brachial-literarischen Feuerwerk zu fesseln vermag.
Das Finale furioso schließlich wurde mit der Frage eröffnet: Was passiert mit einem Wort, nachdem es ausgesprochen wurde? Daraus entspann Malmsheimer eine rasante und detailreiche Geschichte, in der sich eben jene Worte und die gesamte deutsche Grammatik in einer Kneipe treffen und nichts mehr fürchten als die unbarmherzig Worte verunstaltende Dialektpresse – ein Leckerbissen (nicht nur) für Linguistiker und, wie der gesamte Abend, ein Plädoyer für geschliffene Sprache und wie man sie niveauvoll und dabei äußerst unterhaltsam einsetzen kann.
(Foto: Michael Pohl)
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