Franziska Brantner besucht JVA Adelsheim und
will helfen Finanzierungslücke zu schließen
BASIS-Mitarbeiterin Annette Fehl (li.), MdEP Franziska Brantner (Mitte) und BASIS-Mitarbeiterin Regina Ritzhaupt im Gespräch über das Integrationsprojekt. (Foto: Brauch-Dylla)
Adelsheim. (kb) BASIS, das klingt gut. Und besser könnte kaum abgekürzt sein, was für viele junge Männer, deren Zuhause derzeit die Justizvollzugsanstalt Adelsheim darstellt, den Weg in ein normales, nicht kriminelles Leben ermöglicht.
„BASIS“ steht dabei für „berufliche, ausbildungsbegleitende und soziale Integration von jungen Strafgefangenen“ und wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds unterstützt. Noch, muss man allerdings dazu sagen. Denn, so der Leiter der Einrichtung, Rainer Goderbauer, im Gespräch mit der grünen Europaabgeordneten Franziska Brantner anlässlich ihres Besuches in Adelsheim, fürs nächste Jahr stehen aus diesem Topf keine Gelder zur Verfügung.
Dabei ist der Erfolg des von der EU finanzierten Projektes riesig. 80 Prozent der jährlich rund 250 Teilnehmer an BASIS finden nach ihrer Entlassung einen Job, besuchen eine Schule oder beginnen eine Ausbildung. Eine tolle Vermittlungsquote, wenn man weiß, wie schwer es die Klientel sonst hat, im „normalen Leben“ wieder Fuß zu fassen.
Rund 160.000 Euro für die 3,2 Stellen sind erforderlich. Nicht viel, wenn man den Erfolg bedenkt. Zwar stehen die Sterne für 2014 dann wieder günstiger. Doch, wenn die Netzwerkarbeit der Beraterinnen für ein Jahr lang brach liegen sollte, ist ein kompletter Neuanfang erforderlich. Die Hilfe beim Bewerbertraining, die berufliche und schulische Begleitung oder die Elterngespräche sind dann zwar immer noch möglich. Aber die Kontakte zu potentiellen Arbeitgebern, zu Lehrstellenbörsen, Messen für Arbeit oder zur Arbeitsagentur müssten dann erst wieder aktualisiert oder ganz neu geknüpft werden.
Doch BASIS leistet noch mehr als das oben Genannte. Eine Schuldnerberatung gehört zum Angebot, aber auch Hilfestellung bei Behördengängen oder einfach Begleitung zum Vorstellungsgespräch. Für viele der Jugendlichen ermöglicht das erstmals in ihrem Leben die Erfahrung, dass sich jemand dabei um sie kümmert. Das beinhaltet auch die Nachbetreuung, denn der Schritt in die Freiheit, vom total geregelten Tag in der Justizvollzugsanstalt, zum ungeregelten Dasein draußen, fällt häufig nicht leicht. Auch deshalb möchte sich Franziska Brantner für das Projekt stark machen.
Grund dafür, warum der Wegfall ein so tiefes Loch reißen würde, ist, dass Adelsheim zwar die größte Jugendstrafanstalt in Baden-Württemberg ist, aber was die Ausstattung mit Sozialarbeitern angeht, beispielsweise nur ein Drittel davon zur Verfügung hat, was in Hessen üblich ist. Der Wegfall von BASIS könnte also nicht kompensiert werden.
Viele fürchten, dass ohne dieses Projekt die Rückfallquote, das heißt die Wiederinhaftierungsquote von derzeit 30 Prozent (binnen drei Jahren wieder in Haft) kräftig steigen könnte. Dabei sind beileibe nicht alle der Bewohner der 461 Haftplätze ganz schwere Jungs. Verurteilt wurden die Jugendlichen und Heranwachsenden hauptsächlich für Diebstahl 26 Prozent, Körperverletzung 23 Prozent, Raub 18 Prozent und Verstöße gegen das Betäubungsmittelrecht zu 11 Prozent. Der Anteil der Gefangenen, die wegen Tötungs- oder Sexualdelikten einsitzen ist äußerst gering.
Rund die Hälfte befindet sich aber durchaus wegen Gewaltdelikten, oft in der Gruppe begangen, hinter Gittern. „Das sind die, die mit ihrer Kraft nicht umgehen konnten“, beschreibt Goderbauer. Damit sie das lernen ist ihr Tag minutiös eingeteilt.
Es gibt auf den zehn Hektar Gelände, das von 1,3 Kilometer Mauer umgeben ist, Schulen, Werkstätten, Turnhallen, Sportplätze. Jeweils etwa 40 Gefangene wohnen in einzeln stehenden Häusern, die von einer Hauskonferenz aus Vollzugsbeamten, Sozialarbeitern und Psychologen betreut werden.
Die Haftdauer beträgt zwischen wenigen Monaten und zehn Jahren. Der Durchschnitt liegt allerdings bei zwölf Monaten. Geboren wurden die Häftlinge zu 70 Prozent in Deutschland und zu 30 Prozent im Ausland. Etwa die Hälfte hat Migrationshintergrund.
Allen gemeinsam ist, dass versucht wird, sie in der Haftzeit schulisch oder beruflich zu qualifizieren. Als Bäcker, Koch, Fleischer, Elektroniker oder Tischler, Maler, Maurer und Gärtner sind Vollausbildungen möglich. In Föderlehrgängen können überdies die entsprechenden Grundfertigkeiten erworben werden.
Spannend ist, dass gut 20 junge Männer Tag für Tag als externe Lehrlinge von außen zur Berufsausbildung in die Anstalt kommen. Der Knast öffnet sich also, zumindest für sie.
MdEP Franziska Brantner, Anstaltsleiter Rainer Goderbauer und seine Stellvertreterin Maida Dietlein. (Foto: Brauch-Dylla)