
(Foto: M. Leitheim)
Internationaler Männertag
von Diakon Manfred Leitheim (Pfarrgemeinde MOSE)
Mosbach. Am 19. November feiert der „Internationale Männertag“, ich zitiere: „weltweit den positiven Wert, den Männer für die Welt, ihre Familien und Gemeinschaften haben.“
Der Monat meint es gut mit den Männern, am dritten November war „Weltmännertag“, ein Aktionstag zur Männergesundheit. Er soll, so Schirmherr Michail Gorbatschow, das Bewusstsein der Männer im gesundheitlichen Bereich erweitern, da die Lebenserwartung der Männer im Durchschnitt sieben Jahre unter jener der Frauen liege.
Bleiben wir bei statistischen Zahlen. Nach der neuesten Erhebung des Statistischen Landesamtes leben in Mosbach 23.484 Menschen, 11.742 davon sind Männer, also genau fünfzig Prozent, die Hälfte. Landesweit ist der Anteil mit 49,6 Prozent unterdurchschnittlich. Das Landesamt hat auch das Durchschnittsalter der Männer in Mosbach errechnet, es liegt bei 43,7 Jahren. Etwa das Alter, das nach frommen Legenden, Josef, der Patron meiner Pfarrkirche gehabt haben soll, als Jesus in Bethlehem geboren wurde. – Eine etwas überraschender Vergleich, ich weiß.
Zurzeit erleben wir eine Diskussion über die Männlichkeit, auch in der Literatur. Ein Zitat der französischen Schauspielerin Isabelle Huppert aus dem Jahr 2017 spielt dabei eine zentrale Rolle: „Aber die Männer sind sinkende Sterne.“ In den achtziger Jahren, ich stand gerade mitten in der Staatsprüfung, war ein Lied der Liedermacherin Ina Deter in den Charts mit dem provozierenden Refrain: „Ich sprüh’s auf jede Wand: Neue Männer braucht das Land.“
Es gab damals einige deutsche Lieder, die sich mit der „Männerfrage“ befasst haben, auch Herbert Grönemeyer fragte in seinem Rock-Song: „Männer“: „Wann ist ein Mann ein Mann?“. Wer oder was ist ein Mann? Und wie hat ein Mann zu sein? Die Frauen forderten „neue Männer“, die Männer reagierten verunsichert, provoziert, herausgefordert.
Beides war eine Reaktion auf die Diskussion in den siebziger Jahren zu Frauenemanzipation und Feminismus und einem neuen Bild der Frau. Die Diskussion ist inzwischen abgeebbt und umgeschwenkt zu „Gender-Debatten“. –
Die Heilige Schrift stellt mit Josef einen Mann in den Mittelpunkt, der vor zweitausend Jahren gelebt hat, der aber in seiner Art und Weise zu leben eine ganz aktuelle Antwort auf die Frage sein kann: „Was heißt es, Mannsein zu leben?“ Josef, der Zimmermann aus Nazareth, der Verlobte, der Mann Marias, der „Ziehvater“ des Jesus von Nazareth. Ein Mann, der nach herkömmlichen Gesichtspunkten nicht das Inbild des Männlichen war, wie es in unserer Gesellschaft noch verbreitet ist.
In der Bibel und der bildenden Kunst wirkt er eher unscheinbar, an den Rand gedrängt, im Hintergrund. Und wie soll das zugegangen sein, dass er mit Maria verlobt war, dass sie ihm versprochen war und da kommt ein Kind zur Welt, mit dem er erst mal überhaupt nichts zu tun hat? Dann diese seltsamen Träume und ein Engel. Und er trennt sich nicht von der Frau, allem herkömmlichen Denken zum Trotz, er ist und bleibt treu. Und er nimmt sich zurück, er lässt dem Größeren den Vortritt, das da an ihm und mit ihm geschieht. Er drängt sich nicht vor, er drängt sich nicht auf, er lässt sich in Dienst nehmen für Gott.
Was aber wäre die Geburtsgeschichte Jesu ohne den heiligen Josef? Maria hätte sich nirgendwo mehr sehen lassen können, zur damaligen Zeit schwanger ohne Mann zu sein, bedeutete das gesellschaftliche Aus. Wie hätte sie den beschwerlichen Weg nach Bethlehem zurücklegen sollen, wie die Abweisung an den Herbergen verkraften sollen? Wie hätte sie alleine die schmerzhafte Geburt überstehen sollen ohne einen, der sich um sie bemüht, der für das glimmende Licht in der Laterne sorgte, das kleine Feuer im Stall, der vielleicht, wie auf einem Gemälde von Conrad von Soest, eine heiße Suppe kochte?
Dann die Flucht vor den Soldaten des Herodes, die bis nach Ägypten führte? Josef, ein Mann, der den Träumen mehr traut als dem Augenschein, ein Mann, der Gott mehr glaubt als den Menschen, ein Mann, der sich in Dienst nehmen lässt von Gott. Josef, das ist der neue Mann, weil er ein Mensch ist, der mit dem Herzen hört, weil er die Stimme Gottes hört, weil er da ist und da bleibt, in aller Treue, bei allem Nicht-Verstehen, mit all seinen Fragen.
Josef ist der neue Mann, er kann zeigen, wie es gehen kann, Mann zu sein, allen herrschenden Meinungen zum Trotz, entgegen allen Bildern. Der neue Mann, das ist der, der auf die Stimme des Engels hört, der ihr traut und ihr folgt.
Das ist der, der nicht nur an sich denkt, sondern auch das Leiden der anderen „mit-erlebt“. Der neue Mann ist „beteiligt“, er nimmt teil am Leben der anderen und lässt andere an seinem Leben teilhaben. So wie Jesus am Leben der Menschen teilnahm.