
(Foto: Liane Merkle)
Katzental. (lm) Als einziger Obstbaubetrieb im Haupterwerb im Neckar-Odenwald-Kreis hatten Arno und Udo Gätschenberger mit ihren Familien aus Katzental sehr professionell die Gastgeberfunktion für die einmal im Jahr stattfindende Info-Veranstaltung des Kreisobstbauverbands Öhringen in Kooperation mit dem Obstbau Beratungsdienst Hohenlohe-Neckar übernommen.
Sehr eindrucksvoll konnten hier die Herausforderungen dieses landwirtschaftlichen Zweigs zu den aktuellen Themen „Erstaunliche Entwicklung der Biodiversität im modernen Obstbau“ und „Der Deutsche Obstbau im Spannungsfeld zwischen regionaler Produktion und internationalem Wettbewerb“ aufgezeigt werden.
Ein Thema, das auch Minister Peter Hauk (CDU) in seinem Grußwort aufgriff, dem die enorm gestiegenen Produktionskosten, Klimawandel, Ukrainekrieg und Naturschutz selbstverständlich ein Begriff waren und der stolz auf die effektiven Beratungen der vom Land eingerichteten Technologie-Transferzentren in Weinsberg und Karlsruhe als sinnvolle Beratungsstellen verwies.
Bürgermeister Martin Diblik (Billigheim) erwähnte den hervorragenden Ruf der Gätschenbergers, der sich u.a. auch durch die Kreation der „Odenwälder Schlemmerkiste“ zeige.
Neben zahlreichen Obstbau-Kollegen aus Heilbronn, Öhringen, Tauberbischofsheim und Schwäbisch Hall konnte Friedhelm Weckert als Vizevorsitzender des Landesverbands und Vorsitzender des Obstbauberatungsdienstes der Erwerbsobstbauern zu den Referenten des Tages auch Fritz Martin Mozer als Vorsitzenden des Kreisobstbauvereins, Paul Epp vom LTZ Augustenberg, Nina Waldorf vom Landwirtschaftsamt Buchen, Albert Gramling und Andreas Sigmund vom Kreisbauernverband Neckar-Odenwald sowie von politischer Seite Bürgermeister Achim Walter aus Obrigheim sowie Vertreter der Parteien begrüßen.
Zunächst stellten die Brüder Gätschenberger ihren 277 Hektar großen Betrieb vor, dessen knapp 152 ha große Obstbaufläche sich teilweise in bis zu 40 Kilometer entfernte Flächen aufteilt. Auch wenn sich dies durch die Entfernungen nachteilig anhört, so gleicht dies klimatisch bedingte Ernteausfälle auch aus.
Wie Arno Gätschenberger als Hauptverantwortlicher für die Produktion erläuterte, ist der Apfel als Favorit in diesem Betrieb mit über 78 Hektar vertreten und wird beim Kernobst durch 2 ha Birnen ergänzt. Beim Steinobst machen Sauerkirschen knapp die Hälfte aus, die andere Hälfte teil sich auf in Süßkirschen, Zwetschgen und Mirabellen.
Außerdem betreiben die Söhne Paul und Tim Gätschenberger in einer GbR noch 20 ha Bio-Apfel-Anbau, der sich aber noch in der langwierigen Aufbau-Investition befindet.
Sowohl der Gewerbebetrieb Gätschenberger GmbH & Co.KG als auch der Landwirtschaftliche Betrieb Arno & Udo Gätschenberger GbR sind stolz auf jeweils 15 ständige Arbeitskräfte, die aber während der Erntezeit von August bis November um ca. 55 Saisonarbeiter aus Rumänien und Polen aufgestockt werden.
Die etwa 30 Prozent höheren Erntekosten durch die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne, aber auch durch erhöht notwendige Flexibilität aufgrund des Klimawandels konnte teilweise durch Erntehilfe-Technologie (Vollernter sind hier nicht möglich. Es braucht das menschliche Auge und ein vorsichtiges Handling) in Verbindung mit der konventionellen Ernte aufgefangen werden. Beides erfordert versierte Mitarbeiter-Teams.
Wie Arno Gätschenberger erläuterte, kann eine solche „Hilfsmaschine“ für ca. 90.000 Euro mit je einer Mannschaft von sechs statt bisher acht Erntehelfern eine Fläche von 15 – 20 Hektar abdecken. Als hauptsächlicher „Vermarkter“ war Udo Gätschenberger stolz auf den „regional geschlossenen Kreislauf“, bei dem es keine unnötigen oder Leerfahrten gäbe.
Schon daher sehe man die regionale Vermarktung als großen Vorteil. Die vier bis 5.000 Tonnen Äpfel als Tafelobst werden sortiert, verpackt, gelagert und ausgeliefert an zahlreiche Kleinabnehmer in der Region, aber auch nach einem Vertrag an Lidl, wobei erfreulich sei, dass die Kooperation zwischen Käufer und Verkäufer inzwischen von großer Fairness geprägt sei. „Es ist ein Geben und Nehmen“.
Weiter erfuhr man, dass alles, was nicht als Tafelobst durchgeht, selbst verarbeitet wird zu beispielsweise Apfelchips, geschälte und geschnittene Waren für Bäckereien, für die Marmeladen- oder Saftproduktion und zuletzt als Schnaps.
Ideal wäre, wenn man die PV-Anlage, deren Erzeugung zu 73 Prozent selbst genutzt wird, weiter ausbauen könnte, doch dafür gibt es leider keine Genehmigung von Seiten der Energiekonzerne, die diesen Verdienst lieber selbst nutzen.
Im zweiten Teil des Rundgangs erläuterten Paul Epp und Kai Bauer vom Beratungsdienst mit unbeschreiblichem Wissen die erstaunliche Entwicklung der Biodiversität in so modernen Obstbaubetrieben wie diesem in Katzental, wo man Wert legt auf die Schaffung von Lebensräumen und reichhaltigem Blühangebot, die Ausbringung von Insektenhotels, das Anlegen von Blühflächen heimischer Wildblumen und Kräutern, die Förderung von Gehölzen und Ackerrändern und nicht zuletzt einem intensive Kulturen-Mix mit reichem Angebot an Nischen und Habitaten.
Natürlich ist eine regelmäßige Prüfung des Insektenmixes notwendig, falls doch der Einsatz von teuren Spritzmitteln notwendig werden würde, aber man könne davon ausgehen, dass in vielen Fällen eine Balance zwischen Nützlingen und Schädlingen zu beobachten ist, die die Produktion von qualitativ hochwertigem Obst fördert.
Abschließend des informativen Rundgangs beleuchteten David Endreß und Franz Giebler die Situation des Deutschen Obstbaus im Spannungsfeld zwischen Regionaler Produktion und internationalem Wettbewerb und bestätigten: „Wir zahlen die gestiegenen Löhne und Energiekosten gerne, aber der Verbraucher muss eben mitziehen, damit bei dieser 1A-Qualität am Ende noch etwas übrigbleibt“.
Außerdem sollten im Wettbewerb mit Europa eben auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden, die überall in Europa gleich sein sollten. Am Beispiel von Polen, die den 10 Mio. Tonnen-Bedarf Europas mit 4 Mio. Tonnen füttern, aber mit deutlich geringeren Produktionskosten und bedeutend weniger Auflagen als die deutschen Kollegen.
Aktuell müssten deutsche Betriebe vor allem die Chance des regionalen Vertriebs nutzen. Die Experten prognostizierten, dass der Markt nicht schrumpfen müsse, aber die hiesige Produktion dürfe es auch nicht.
Leider sei aktuell zu beobachten, dass bei Aufgabe eines Betriebs nie mehr eine Aufnahme dieses Betriebs zu verzeichnen sei, wobei natürlich Begeisterung und Überzeugung für den Beruf maßgeblich seien.
Und auch dafür wünsche man sich von politischer Seite faire Rahmenbedingungen. Schließlich sollte sich harte Arbeit und Superqualität auch entsprechend lohnen. Eltern sollten ihre Kinder guten Gewissens in die erfolgreiche Übernahme bestehender und gut funktionierender Betriebe führen können.
„Es gibt Lichtblicke und Probleme, doch ich hoffe, dass langfristig ersteres überwiegen wird, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend geschaffen und die Bürokratie wieder auf ein Normalmaß reduziert werden“, so Fritz Martin Mozer in seinem Schlussplädoyer.