von Liane Merkle
Reisenbach. „Mit großer Freude und Dankbarkeit sind wir am heutigen Kirchweihfest hier zusammen gekommen, um die feierliche Einweihung der renovierten Kirche St. Josef begehen zu können“. Diese freudige Begrüßung aller, die in irgend einer Form zur Bereicherung des Festgottesdienstes und der langwierigen Baumaßnahmen beigetragen hatten, kam Pfarrer Stanislaus Zylinski sichtbar direkt aus dem Herzen. Es sei ein Glück gewesen, dass er sich von dem leider schon verstorbenen Schloßauer Ortsvorsteher Hans Moser Beharrlichkeit in den Dingen, die man sich ganz dringend wünscht, gelernt habe. Denn über Jahre hinweg habe Freiburg diese Renovierung immer und immer wieder abgelehnt. Und er habe ebenso Jahr für Jahr wieder seinen Antrag eingereicht, bis Freiburg im Dezember 2009 dann endlich grünes Licht gab. Inzwischen war die – nach Aussage von Pfarrer Zylinsky – „dunkle und muffige Kirche“ in einem so miserablen Zustand, dass man keine Zeit verlor, in einem ersten Treffen mit Bauleiter Ludwig Fuhrmann aus Waldauerbach, Architekt Hanno Roters vom Kirchlichen Bauamt Heidelberg sowie Pfarrer Zylinski die notwendigen Maßnahmen aufzunehmen und einen Bauausschuss zu gründen.
Detailliert erläuterte Ortsvorsteher und Bauausschussmitglied Günter Baunach die Sanierungsmaßnahmen (NZ berichtete) nachdem Mesnerin und Pfarrgemeinderätin Michaela Brenneis die Kirchenchronik akribisch zusammen gefasst hatte, die wir hier auszugsweise wiedergeben.
Demnach kam im Jahre 1277 Reisenbach als Filiale zur Pfarrei Hollerbach, die damals der Mittelpunkt der Seelsorge des Raumes mit 27 Filialen war. 1426 stellten Mudau und Limbach einen Antrag an das Erzbischöfliche Ordinariat auf Gründung zur eigenen Pfarrei, dem auch stattgegeben wurde. Mudau und Limbach wurden von der ,,Mutterkirche des Odenwaldes“ abgetrennt und selbständig. Reisenbach kam dadurch zum Kirchenspiel Mudau, das ingesamt 13 Filialen umfasste.
Mitte des 19. Jahrhunderts wollten die Gemeinden Reisenbach, Ober- und Unterscheidental ihre eigene Kirche haben. Im August 1846 richteten sie eine Bitte an den Großherzog um ,,allergnädigste Gründung einer eigenen Pfarrei und Kirche zu Oberscheidental. Nach langen Verhandlungen durfte endlich 1868 mit dem Bau der Filialkirche in Oberscheidental begonnen werden. Diese wurde dann am 5. Mai 1869 eingeweiht und Reisenbach gehörte nun zur Filiale Oberscheidental, die 1905 zur Pfarrei erhoben wurde. Anfangs des 20. Jahrhunderts fassten die Bürger von Reisenbach den Plan, selbst eine Kirche zu bauen. So wurden, wie weiter berichtet wurde, unter Vorsitz von Bürgermeister Grünwald die Einwohner zur Beratung und Beschlussfassung über einen Kirchenbau am 16. März 1907 eingeladen. Der Antrag wurde allerdings durch das Ordinariat abgelehnt. Nachdem ein erneutes Votum wegen fehlender finanziellen Mitteln scheiterte, erteilte man am 30. September 1926 die Genehmigung zum Bau einer Kirche in der Filialgemeinde Reisenbach. Bauträger mit sämtlichen Kosten war die politische Gemeinde. Am 17. Oktober 1926 wurde von Pfarrkurator Johann Baptist Halter die Grundsteinlegung vorgenommen. Reisenbach zählte zu dieser Zeit mit dem teilweise zu ihm gehörenden Reisenbacher Grund etwa 400 Einwohner die sich verpflichtet hatten, Arbeiten in Fron (unentgeltlich) durchzuführen. 1928 waren die Bauarbeiten beendet und am 18. November gleichen Jahres wurde der erste Gottesdienst abgehalten. Die offizielle Weihe der St. Josef Kirche fand erst am 20. Juni 1929 durch Weihbischof Burger statt. Im Jahre 1976 begann man mit umfangreichen Renovierungsarbeiten am und im Kirchturm sowie am Kirchendach, dem sich ein Jahr später die Innenrenovierung anschloss.
Das 50-jährige Bestehen der Filialkirche konnte am 9. April 1978 gefeiert werden. Weitere Eckdaten waren das 60-jährige Jubiläum im Juli 1988 und die Orgelweihe am 8. Oktober1989 mit Pfarrfest mit Dekan Otto Frank und Pfarrer Stanislaus Zylinski.
Doch wie gerade Stanislaus Zylinsky hervor hob, habe sich die monatelange Schufterei gelohnt, denn aus der Reisenbacher Kirche St. Josef sei ein echtes Prachtstück geworden. Und der Festgottesdienst bot allen Anwesenden in dem liebevoll geschmückten Gotteshaus Dank der allseits fröhlichen und erleichterten Gesichter, der besonders feierlichen Goldroben der beiden Priester, aber auch der gelungenen musikalischen Umrahmung durch die Trachtenkapelle Mudau unter Leitung von Ralph Müller sowie des Projektchors unter Dirigent Werner Scheuermann ein unverkennbar würdiges Ambiente.
Pfarrer Werner Bier erbat für den Segen für das liebevoll renovierte Gotteshaus und alle, die darin ein- und ausgehen. Mit Weihwasser benetzte er natürlich den Bau, aber vor allem die „lebendigen Steine dieser Kirche“. Namentlich dankte Pfarrer Zylinski Architekt Hanno Roters, Bauleitung Ludwig Fuhrmann, dem Bauausschuss mit Ortsvorsteher Günter Baunach, Herbert Friedel, Hubert Rechner, Helga Walter und Michaela Brenneis, die zudem als ehrenamtliche Mesnerin auch noch den ganzen Putzhorror bewältigt habe.