Bedarf an Herzkatheter-Untersuchungen und -Eingriffwn unverändert hoch – Professor Dr. med. Christian Gleißner zieht Zwischenbilanz
_Professor Dr. med. Christian Gleißner. (Foto: privat)
Eberbach. (pm) Seit September 2016 ist Professor Dr. med. Christian Gleißner stellvertretender Chefarzt für Kardiologie und Leiter des Herzkatheterlabors an der GRN-Klinik Eberbach. Der ausgewiesene Experte für Atherosklerose (Gefäßverkalkungen) und Oberarzt am Universitätsklinikum Heidelberg hat die Nachfolge von Professor Dr. med. Arnt Kristen angetreten und zieht nun eine erste Bilanz.
„Das Arbeiten in einem kleineren Haus wie der GRN-Klinik Eberbach ist sehr angenehm. Die Atmosphäre ist sehr persönlich, das Team gut eingespielt, und die Kommunikationswege zu den Kollegen der anderen Fachrichtungen sind kurz“, so der 41-jährige Kardiologe. Für die organisatorische Gesamtleitung der Abteilung für Innere Medizin ist in Eberbach nach wie vor der auf das Teilgebiet der Gastroenterologie spezialisierte Dr. med. Bernhard Nitsche verantwortlich.
Das Eberbacher Herzkatheterlabor steht seit seiner Inbetriebnahme im August 2011 unter der chefärztlichen Verantwortung von Professor Dr. med. Hugo A. Katus, Ärztlicher Direktor der Abteilung für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Professor Gleißner ist, wie seine Vorgänger, als sein ständiger Stellvertreter vor Ort.
Ein Rückblick auf die Statistik nach dem Personalwechsel zeigt, dass die Anzahl der Herzkatheter-Untersuchungen und -Eingriffe seit Jahren stabil, der Bedarf in der Region unverändert hoch ist. Rund 1.000 Eingriffe jährlich führen Professor Gleißner, die Oberärzte Dr. med. Daniel Herzenstiel und Dr. med. Rita Cebola sowie das speziell ausgebildete Pflege- und Funktionsteam durch.
Bei mehr als 40 Prozent der Eingriffe wird ein verengtes oder verschlossenes Herzkranzgefäß erweitert beziehungsweise wiedereröffnet (PTCA). „Das sind zu einem Großteil Patienten mit akutem Herzinfarkt, die wir hier in Eberbach notfallmäßig behandeln können. Diese Technik kommt aber auch zur Vorbeugung eines Infarktes bei Schmerzen oder Engegefühl in der Brust zum Einsatz“, erläutert Professor Gleißner. Eine Terminvergabe bei planbaren Eingriffen ist ohne lange Wartezeiten innerhalb von zwei bis drei Tagen möglich.
Mit den Ursachen des Herzinfarkts, von dem jährlich mehr als 200.000 Menschen in Deutschland betroffen sind, beschäftigt sich Professor Gleißner bereits seit rund 15 Jahren wissenschaftlich. Als Arbeitsgruppenleiter des Kardiologisch-Immunologischen Labors am Universitätsklinikum Heidelberg erforscht er die Vorgänge innerhalb der Herzkranzgefäße, die zur Bildung gefährlicher Ablagerungen, zum Gefäßverschluss und schließlich zum Herzinfarkt führen. Dabei fahndet er auch nach sogenannten Biomarkern, beispielsweise bestimmten Eiweißen im Blut oder genetischen Veränderungen, die Auskunft über das individuelle Herzinfarktrisiko der betroffenen Patienten geben können.
Zur Person
Christian Gleißner studierte von 1995 bis 2002 Medizin in Heidelberg, sein Praktisches Jahr verbrachte er an der Harvard Medical School in Boston, USA, dem University College London und der University of Toronto, Kanada. In der Folgezeit blieb er dem Universitätsklinikum Heidelberg treu, nur unterbrochen von einem dreijährigen Forschungsaufenthalt an der University of Virginia und dem La Jolla Institute for Allergy & Immunology in den USA von 2006 bis 2009. Zurück in Heidelberg, übernahm er die Leitung des Kardiologisch-Immunologischen Labors der Abteilung für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie und gründete 2011 die Atherosklerose-Ambulanz, die er ab 2012 als Oberarzt leitete. 2013 habilitierte er sich bei Professor Katus mit seinem Forschungsthema Atherosklerose. 2017 verlieh ihm die Universität Heidelberg eine außerplanmäßige Professur. Für seine wissenschaftliche Leistung wurde er bereits mehrfach mit hochdotierten Stipendien und Preisen ausgezeichnet. Er gehört international aufgrund seiner Publikationen zu den führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Atherosklerose-Forschung. Ehrenamtlich engagiert er sich unter anderem für die Deutsche Herzstiftung und beantwortet Patientenanfragen zu seinem Spezialgebiet. Einige seiner Heidelberger Verpflichtungen hat Professor Gleißner beibehalten: Er ist nach wie vor verantwortlicher Leiter der Heidelberger Atherosklerose-Ambulanz und steht seinen dortigen Kollegen für die Besprechung von Patienten mit Gefäßverkalkungen zur Verfügung. Unverändert will er sich nach Feierabend auch zukünftig seiner schon mehrfach ausgezeichneten Forschung zur Entstehung der Atherosklerose widmen – mit aller ihm dafür zur Verfügung stehenden Zeit: Gerade ist er zum zweiten Mal Vater geworden.
Forschungsziel: Biomarker für Herzinfarktrisiko
Welche Faktoren beeinflussen, wie schnell sich erkrankte Herzkranzgefäße verengen, ist bisher ist noch unklar. „Bei manchen Patienten, bei denen zufällig kleinere und noch ungefährliche Ablagerungen entdeckt wurden, tut sich über Jahre nicht viel, während sich bei anderen die Situation innerhalb eines halben Jahres rapide verschlechtert und es zum Herzinfarkt kommt“, erklärt Professor Gleißner. „Als Arzt wüsste man natürlich gern, wer ein hohes Risiko trägt und engmaschig betreut werden muss und wer nicht.“ Marker, die darüber Auskunft geben können, erforscht er aktuell mit seinem Team. In einem im März in der Fachzeitschrift „Atherosclerosis“ erschienenen Artikel berichten die Wissenschaftler über ein bestimmtes Protein (Gal-3BP), das diesen Anspruch möglicherweise erfüllt: Im Rahmen einer Studie untersuchte das Team bei 2922 Patienten den Spiegel dieses Proteins im Blut und dokumentierte den weiteren Krankheitsverlauf im Durchschnitt acht Jahre lang. Es zeigte sich: Bei Patienten mit hohem Gal-3BP-Spiegel war das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, deutlich erhöht – auch wenn die Herzkranzgefäße bei der ersten Untersuchung noch nicht übermäßig beeinträchtigt waren. „Wir sind noch weit von der klinischen Anwendung dieses Markers entfernt, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Als nächstes wollen wir die Aussagekraft bestimmter genetischer Veränderungen in Bezug auf das Herzinfarktrisiko untersuchen“, so Gleißner.