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Leserbrief von Landtagskandidatin Amelie Pfeiffer – Wie viel Gefährdung steckt im Schutz?
Das Biodiversitätsstärkungsgesetz in Baden-Württemberg war ein großer Meilenstein beim Schutz der Insekten als Ergebnis eines dialogbasierten Prozesses von Naturschutz, Landwirtschaft und Gesellschaft. In diesem Gesetz wurden als Ziel festgelegt, die Ökolandwirtschaft auszubauen und eine Reduktion von Pestiziden um 40-50 Prozent als Gesamtmenge im Land und nicht auf jedem einzelnen Hof bis 2030 zu erreichen. Für den Haushalt 2020/21 hat die grün-geführte Landesregierung zusätzlich 60 Millionen Euro bereitgestellt, um diese Ziele zu erreichen. Außerdem wurden auch weitere Felder des gesellschaftlichen Lebens berücksichtigt, wie das Verbot von Schottergärten auf Privatgrundstücken.
Verbote, wie sie das Aktionsprogramm Insektenschutz der Bundesregierung vorsieht, gefährden die erfolgreiche Förderpolitik im Land, daher lehne auch ich dieses Verbot ganz klar ab. Mit der Landesförderpolitik wird in Baden-Württemberg das Engagement von Bäuerinnen und Bauern in der Pflege und Erhaltung der Lebensräumen in den Natura 2000 Gebieten über den Vertragsnaturschutz und das Förderprogramm für Agarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT) gefördert. Von den 429.000 Hektar FFH-Gebietsflächen werden ca. 99.700 Hektar landwirtschaftlich genutzt und spielen damit überhaupt eine zentrale Rolle für den Erhalt der vielfältigen Lebensräume.
Wichtige Leitplanke von Agrarpolitik ist die nationale Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik hin zu mehr wirksamen Anreizen für Bäuerinnen und Bauern. Lebensmittel produzieren und Artenvielfalt fördern, das Klima schützen und Tiere gut halten, davon muss ein ausreichendes Einkommen erzielt werden.
Uns Grünen wird nun vorgeworfen auf der Agrarministerkonferenz die nationale Ausgestaltung zu blockieren und damit auch vorgesehene Kappungen der Flächensubventionen und Stärkung der kleinen Betriebe durch höhere Zahlungen auf die ersten Hektare. Genau das waren allerdings in den letzten Jahren immer unsere grünen Forderungen, es freut mich sehr, dass auch die CDU nun bundesweit sich dafür stark macht während wir die Agrarpolitik allerdings gerne wirklich weiterentwickelt hätten, leider die Konservativen in Brüssel dabei auf der Bremse stehen!!
Wir wünschen uns eine wirkliche Agrarwende, weg von der Flächenprämie, den im Übrigen auch der wissenschaftliche Beirat des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ablehnt, hin zur Gemeinwohlprämie und einer zielgerichteten Förderung. Die Agrarministerkonferenz hat zu dieser Idee einen Prüfauftrag an das Thünen-Institut vergeben, aus deren aktueller Veröffentlichung hervorgeht, dass der Gemeinwohlprämie eine hohe Wirksamkeit und gute Umsetzbarkeit bescheinigt wird.
Man darf nicht vergessen, dass in vielen Fällen die Flächenprämien wegen überhöhter Pachtpreise bei den LandwirtInnen auf ihren Pachtflächen gar nicht ankommen und Grundbesitzer damit gefördert werden. Der agierende Landwirt sollte für seine gemeinwohlorientierte Arbeit, der naturverträglichen Landwirtschaft subventioniert werden. Und zwar sollten diese die für ihren Betrieb und ihre Region passenden Bausteine selbst wählen dürfen für die sie dann Leistungen erhalten. Soviel unternehmerische Entscheidungsfreiheit sollten wir unseren Bäuerinnen und Bauern zugestehen.
Für einen optimalen Biotopverbund sollte ein ergänzender Runder Tisch mit dem Landschaftserhaltungsverband (LEV) über regional sinnvolle Maßnahmen diskutiert und entschieden werden, davon profitiert der Naturschutz. Für die LEV wurden bereits mehr Personalstellen dafür bewilligt.
Ordnungsrechtliche Maßnahmen und Verbote tauchen immer dann auf , wenn wir nicht rechtzeitig in den Dialog treten, solange es noch Gestaltungsspielräume gibt, sondern ein Problem aussitzen.
Bestes Beispiel dafür ist die aktuell heiß diskutierten Düngeverordnung. Bereits 2006 hat die EU-Kommission in ihrer Klage angeführt, dass die damalige Düngeverordnung zu wenige Maßnahmen gegen die Überdüngung vorsehe. Statt rechtzeitig nach Lösungen zu suchen wurde so lange gewartet, bis die EU 2013 ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte.
Jetzt kann nur noch über schnelle Umsetzung von Verboten agiert werden. Darüber sind die Bäuerinnen und Bauern zu Recht sauer! Ein effizienterer Umgang mit Düngemitteln wurde bereits vor 30 Jahren schon an den Universitäten gelehrt, da er natürlich auch eine wesentliche Grundlage zur Wirtschaftlichkeit darstellt.
Daher ist es mir auch im Bereich Klimaschutz wichtig, jetzt die Weichenstellung für den Umbau zu einem klimaneutralen Baden-Württemberg mit zu gestalten.
Ich möchte eben nicht miterleben, dass in einigen Jahren unvorbereitet und ohne finanziellen Ausgleich Verbote auf uns einprasseln, so wie wir es jetzt mit dem Insektenschutzgesetz erleben.
Lassen Sie uns im Dialog bleiben und gemeinsam gestalten, dann haben alle etwas davon: Landwirte, Natur und Gesellschaft. Das ist unsere Vorstellung eines Gesellschaftsvertrages für die Zukunft.
Amelie Pfeiffer
Landtagskandidatin Büdnis90/Die Grünen
Konventionelle Landwirtin
Buchen-Bödigheim 10.02.2021