
(Foto: Liane Merkle)
Dialektvielfalt im Odenwald – Ein Abend im Zeichen der Mundartpflege
(lm) Mudau setzt mit Unterstützung der UNESCO und dem neuen internationalen Tag der „Mudderschbrooch“ ein starkes Zeichen für den Erhalt bedrohter Dialekte. Der Heimat- und Verkehrsverein Mudau lud unter dem Motto „Rettet die Mudderschbrooch auf unserer Hausch-Mausch-Insel“ zu einer besonderen Veranstaltung ein. Mit dabei waren Vorsitzender Klemens Schork, Ehrenvorsitzender Hans Slama – inzwischen als „Dialektpapst“ bekannt – und die Sprachwissenschaftlerin Dr. Isabell Arnstein.
Mundartweg wächst über Grenzen hinweg
Ein besonderer Meilenstein des Abends war die Präsentation neuer Texttafeln für den Mundartweg. Die Ortschaften Hesselbach, Kailbach und Schöllenbach sind nun auch akustisch erlebbar, während weitere Tafeln für Gissigheim, Mudau und Schloßau in Vorbereitung sind. Die feinen sprachlichen Unterschiede zwischen den Orten wurden hörbar und sorgten für Begeisterung.
Dialekt als kulturelle Goldreserve
Dr. Isabell Arnstein erläuterte die Gemeinsamkeiten des Odenwälder Dialekts, der sich über Baden, Bayern und Hessen erstreckt. Besonders auffällig: In vielen Regionen wird das abschließende „s“ zu „sch“. Mit dem Anschluss Hessens an den Mundartweg richtete sich ihr Fokus auf den rheinfränkischen Dialekt, in dem ein „Pfund“ zum „Pund“ und ein „Apfel“ zum „Abbl“ wird. Sie zitierte Goethe: „Jede Provinz liebt ihren Dialekt, denn er ist doch eigentlich das Element, in welchem die Seele ihren Atem schöpft!“
Dialekt sei emotionaler und wärmer als das „kalte“ Hochdeutsch – ein Eindruck, den die zahlreichen Vorträge des Abends bestätigten.
Mundart lebt durch Geschichten und Anekdoten
Rainer Müller bewies, dass auch 50 Jahre außerhalb der Heimat seinen Hesselbacher Dialekt nicht verblassen ließen. Mit einem eigenen Text ersetzte er das fehlende Archivmaterial seiner Region. Hans Slama, der für den erkrankten Roland Grimm einsprang, trug aus „De Babbe als Mamme“ vor: „Ohne Mamme, ihr hebt’s jetzt g’hört, wäre de Babbe no kee Knallerbs‘ wert.“
Auch Herbert Scharmann, Thomas Müller und Bernhard Pfeiffer zeigten mit ihren Beiträgen die Vielfalt der Mundart. Vom historischen Mord am Gerichtstettener Förster Seitz über witzige Dialektunterschiede bis hin zu Schneeballschlachten – die Erzählungen spiegelten die sprachliche Identität der Region wider.
Dialekt als musikalisches Erlebnis
Musikalisch wurde der Abend durch verschiedene Beiträge bereichert. Roland Beigel präsentierte das Lied „Isch danz für de Hermann“, während Gerhard Schäfer mit einem Gedicht dem Dialekt eine poetische Laudatio widmete. Den Abschluss bildete Beigel mit einem Stück aus der Hölzerlips-Bande, das die Geheimsprache der Räuber – das Rotwelsch – zum Leben erweckte.
Auch wenn dieser Dialekt für viele unverständlich blieb, war er dennoch spürbar – ein Beweis dafür, dass Dialekt weit mehr als nur Sprache ist. Er ist Identität, Geschichte und eine kulturelle Goldreserve, die es zu bewahren gilt.