Bei Darmkrebs kann Früherkennung Leben retten

Chefarzt Rüdiger Mahler ermuntert zu mehr Vorsorgeuntersuchungen

Ruediger Mahler

(Foto: privat)

Mosbach. (pm) Dieser Tage machte Dr. med. Rüdiger Mahler im Rahmen eines Vortragsabends im Krankenhaus Mosbach einmal mehr deutlich, welch hohe, oft lebensrettende Bedeutung Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchungen haben. Als Chefarzt für Innere Medizin an den Neckar-Odenwald-Kliniken am Standort Buchen erlebt er seit Jahren, dass Vor- und Frühformen von Darmkrebs heilbar sind, diese Krebsform aber andererseits, wenn sie  spät entdeckt wird, in den meisten Fällen zum Tod führt. Dazu nannte Dr. Mahler aktuelle Zahlen. Demzufolge erkranken derzeit in Deutschland jährlich circa 69.000 Menschen an Darmkrebs, und 27.000 Betroffene sterben jährlich daran. Diese hohe Sterberate ist keineswegs zwangsläufig, denn Darmkrebs entwickelt sich zu circa 90 Prozent aus zunächst gutartigen Darmpolypen, deren Entartung bis zu 10 Jahren dauert, was genügend Zeit bedeutet, den oder die Polypen bei einer Vorsorgeuntersuchung (Koloskopie) zu entfernen.

Es könnten also viel mehr Menschleben gerettet werden, wenn die Angebote der Krebsvorsorge und eine rechtzeitige Behandlung intensiver wahrgenommen würden.

Bisher sind es den Ausführungen von Chefarzt Dr. Mahler zufolge nur 3 Prozent der Berechtigten, die das Angebot der Krankenkassen an Frauen und Männer annehmen und sich ab 55 Jahren durch eine Vorsorge-Darmspiegelung ein klares Bild verschaffen. Dass die Krankenkassen diese Leistung mit einem höheren Lebensalter verknüpft, erklärt sich aus der Tatsache, dass Darmkrebserkrankungen größtenteils nach dem 50. Lebensjahr auftreten.

Den Schutz und großen gesundheitlichen Nutzen, der sich mit der Darmkrebsvorsorge verbindet, dokumentierte Chefarzt Dr. Mahler in seinem Vortrag wie folgt: Bundesweit wurden in den Jahren 2002 bis 2010 im Rahmen des Vorsorgeprogramms der Krankenkassen 300.000 fortgeschrittene Adenome (Zellwucherungen) entdeckt und entfernt. Dadurch ließen sich 100.000 Krebserkrankungen in der Altersgruppe 55-84 Jahre verhindern und 50.000 Krebserkrankungen frühzeitig und in heilbarem Stadium erkennen.

Wichtig ist es nach den Worten des Chefarztes der Neckar-Odenwald-Kliniken, die Darmkrebsvorsorge dann auch in jüngeren Lebensjahren vorzunehmen, wenn eine familiäre Belastung oder Beschwerden vorliegen.

Risikofaktoren und alternative Untersuchungsmethoden

Bei seinen weiteren Ausführungen zeigte Dr. Mahler an einigen Aspekten auf, dass die Forschung und das Wissen in Bezug auf Darmkrebs relativ weit fortgeschritten sind, was für die Markierung der Risikofaktoren ebenso zutreffe wie für die Diagnostik und die Therapie. Als Risikofaktoren gelten familiär-genetische Belastungen (Darmkrebs in der Familie) ebenso wie der Lebensstil (Missbrauch von Alkohol und Nikotin, Mangel an körperlicher Aktivität) und die Ernährung (Übergewicht BMI > 25/m2, zu viel Fleisch, zu wenig Ballaststoffe).

Hinsichtlich der Feststellung von Polypen und Tumoren habe die Bildgebung bei der Darmspiegelung sowie bei alternativen Untersuchungsmethoden mit Computertomographie oder Magnetresonanztomographie einen hohen Leistungsstandard erreicht. Wobei die beiden letzt genannten Methoden von manchen Patienten zwar angenehmer als die klassische Darmspiegelung erfahren würden, aber damit kleine Darmpolypen oder entzündliche Veränderungen der Darmwand nicht zu erkennen seien. Ebenso wenig könne man bei der virtuellen Koloskopie eine Biopsieentnahme zur mikroskopischen Untersuchung sowie eine Polypenentfernung vornehmen.

Darmspiegelungen sind völlig schmerzfrei und erlauben heilende Eingriffe

„Die Vorsorge zur Vermeidung von Darmkrebs ist einfach und effektiv“. Nicht nur Dr. Mahler wünscht sich, dass diese Einsicht stärker ins allgemeine Bewusstsein dringt. Die Publikumsfragen nach seinem Vortrag gaben diesbezügliche Vorbehalte und Ängste zu erkennen, die mittlerweile keine realen Grundlagen mehr haben. So gibt es immer noch Bedenken hinsichtlich der Schmerzen, die bei einer Darmuntersuchung auszuhalten seien. Die Bedenken lassen sich mit dem Verweis darauf ausräumen, dass es inzwischen zu den Standards gehört, die Patienten vor einer Koloskopie mittels einer Spritze in eine Art Tiefschlaf zu versetzen, bei dem sie keinerlei Schmerzen empfinden. Als Ekel erregend beschreiben viele Personen die Abführflüssigkeiten, von denen am Tag vor der Darmspiegelung 3 bis 4 Liter zu trinken seien. Chefarzt Mahler hat auch diesbezüglich eine gute Nachricht: „Zur Vorbereitung der Darmspiegelungen, die wir in der Klinik Buchen ambulant und stationär durchführen, empfehlen wir, 1,5 Liter des von uns genutzten Abführmittels zu trinken. Damit kommen die Patienten viel besser klar, und wir machen beste Erfahrungen hinsichtlich der Ergebnisse. Bei 98 Prozent unserer Untersuchungen sind die Därme gut abgeführt, sauber und bestens einzusehen.“

Weiterhin beschreibt Chefarzt Dr. Mahler die Fortschritte, die in jüngerer Zeit in Bezug auf endoskopische Eingriffsmöglichkeiten während der Darmuntersuchungen zu verzeichnen seien: “Wir können heute im Rahmen von Vorsorge-Koloskopien problemlos kleine und größere Polypen  entfernen. Dazu bedarf es keiner gesonderten Operation mehr. Für den Patienten hat dies den Vorteil, dass im Rahmen von Untersuchungen auch konkrete Behandlungsmaßnahmen durchgeführt werden können.“

Schließlich hat sich auch beim Thema „Medikamente“ einiges geändert: Wurde lange großer Wert darauf gelegt, dass vor Darmuntersuchungen dauerhaft eingenommene Medikamente abgesetzt werden, so kann man auf diese Unterbrechung und damit verbundene Komplikationen heutzutage in der Regel verzichten. Die Quintessenz des Vortrags von Chefarzt Dr. Mahler: „Die Darmkrebs-Vorsorguntersuchung ist ein Angebot, dessen Wahrnehmung wenig Aufwand und einen großen Gewinn an Gesundheit und Lebenszeit bedeutet. Es wäre nur logisch, wenn dieses Angebot stärker als bisher wahrgenommen würde.“

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