von Liane Merkle
Großeicholzheim. „Grüß Gott! Sie sind der neue Pfarrer – ich erkenne Sie an ihrem Schwanz“, die unschuldige Begrüßung eines weiblichen Gemeindeglieds im Alter von 75 Jahren mit Anspielung auf seine unübersehbare Haarpracht hatte Pfarrer Ingmar von Maybach-Mengede zuerst zum Stocken und dann zum Schmunzeln gebracht.
Dieses herzlich offene Willkommen dürfte aber auch mit ein Grund sein, warum sich der Berliner wider eigenes Erwarten im Odenwald so wohl fühlt. Dennoch haben ihn die Bauländer in Großeicholzheim überraschen können als sie in der überaus gut gefüllten Laurentiuskirche so bereitwillig auf seinen Appell nach protestantischem Mut zum Personenkult eingingen und ihn dabei gleich zu Beginn seiner Christlich Satirischen Unterhaltung – kurz CSU – mit glaubwürdiger Begeisterung zum Bischof nominierten.
Manches könnten die Protestanten in dieser Hinsicht von den Katholiken lernen. Zwar sei die evangelische Kirche eine Volkskirche, aber das sei kein Grund für die Menschen, in der Masse unterzugehen. Denn „was Luther begann, hat Springer vollendet“. Überhaupt sah Maybach so einige Parallelen zwischen der Berichterstattung in den vier Evangelien und in diversen Medien. So verglich er Markus mit dem Fokus, Lukas mit dem Spiegel, Matthäus mit dem Stern und Johannes mit der Süddeutschen Zeitung. Davon abgesehen kommt natürlich auch Christlich Satirische Unterhaltung nicht ohne einen kritischen Blick auf die Politik aus.
Vermutlich eignet sich Angela Merkel als „oberste Pfarrerstochter“ auch besonders gut für die spitzen Hintergrundbemerkungen des Kirchenkabarettisten. Zum einen meinte er, bei der Madonna der Sixtinischen Kapelle starke Ähnlichkeiten mit der jungen Angela entdeckt zu haben, zum zweiten verreist die Kanzlerin nachweislich nie ohne ihre rote Mundorgel und zum dritten gelang es Pfarrer Maybach – Dank der Mitwirkung seines Großeicholzheimer Kollegen Ingolf Stromberger und eines bereitwilligen Zuschauerin als Putten – dieses Sixtinische Anbetungsbild in der Laurentiuskirche entstehen zu lassen: „Deutschland kann ihr trauen, denn sie ist nicht wie andere Frauen, sie leuchtet durch Weisheit und durch Macht“.
Sogar die Wölkchen ließ er aufsteigen. Und nach Kishons Weisheit „Keiner ist unnütz, er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen“ zeigte er auf, dass man die Kirche mit den Geschäftspraktiken von IKEA oder Telekom nicht unbedingt „Fit für die Zukunft“ machen kann. Denn selbst, wenn man schon eine persönliche Beziehung zu seinem Sarg hat und diesen mit Vornamen – beispielsweise PAX – ansprechen kann, wird er dadurch nicht unbedingt attraktiver und endlose automatische Telefonvermittlungen fördern nicht zwangsläufig die Täuflingsquote. Dafür fiel seine Idee, die eher langweiligen Abkündigungen in einen „Gemeindeglieder-Strömungsfilm“ einzubauen auf durchaus fruchtbaren Boden.
Tatsächlich passten die „Gottesdienstbesucher“ besser auf, wann der Konfi-Unterricht stattfindet oder wie hoch das Spendenaufkommen erwartet wird. Über eineinhalb Stunden Unterhaltung, frenetischer Beifall mit der Einforderung einer Zugabe bestärkten Pfarrer Stromberger und seinen Kirchengemeinderat in ihrem Entschluss, auch mal neue Wege einzuschlagen – und zum Beispiel mit Kirchenkabarett als humoristische Form der Verkündigung die Kirche zu füllen.