
(Foto: Lena Wessely)
Grüner Neujahrsempfang
Buchen. (kbd) Als Bündnis 90/Die Grünen im Januar 2020 ihren letzten Neujahrsempfang abhielten, traf man sich in einem „gut gefüllten Nebenraum“. Beim Empfang vor fünf Jahren berichtete Amelie Pfeiffer stolz von knapp 100 Mitgliedern im Kreisverband Neckar-Odenwald.
Fünf Jahre später hat sich viel verändert: Franziska Brantner ist inzwischen Staatssekretärin und Bundesvorsitzende der Grünen, der Neujahrsempfang zog in die gut besuchte Buchener Stadthalle um, und Kreisvorsitzender Andreas Klaffke konnte mit Iris Hellmuth-Gurka das 150. von inzwischen 152 Mitgliedern der Neckar-Odenwald-Grünen begrüßen.
Das Programm bot eine Mischung aus Musik und Reden. Den Auftakt bildete der grüne Projektchor „Grün-Kehlchen“, gefolgt von Mathias Berberichs Interpretation von Udo Lindenbergs „Wir ziehen in den Frieden“, begleitet von Horst Berger am Klavier.
Begrüßung durch die Kreis-Grünen
Andreas Klaffke begrüßte zahlreiche Gäste, darunter Landrat Dr. Achim Brötel, Bürgermeister-Stellvertreter Markus Dosch, Adelsheims Bürgermeister Wolfram Bernhardt, Lukas Weber vom Grünen Landesvorstand, die Kreistags-Fraktionsvorsitzende Simone Heitz, Bundestagskandidat Horst Berger und die Gastrednerin Simone Fischer.
Für die Buchener Grünen übernahm Kreisrätin Amelie Pfeiffer die Begrüßung stellvertretend für die erkrankte Gemeinderätin Anika Berberich. Sie stellte fest: „Buchen grünt!“ – nicht nur im Stadtwappen. Seit der letzten Kommunalwahl sei die Gemeinderatsfraktion mit Magnus Balles, Anika Berberich und Horst Berger stark vertreten, und der „Grüne Stammtisch“ erfreue sich wachsender Beliebtheit. „Buchen und Grün – das passt zusammen“, so Pfeiffer, denn selbst im Kürzel „BCH“ steckten die ureigenen Werte der Grünen: „Schöpfungserhalt und Nächstenliebe.“
Debatte um Wortwahl in der politischen Diskussion
Mit Spannung wurde das Grußwort von Landrat Dr. Achim Brötel erwartet. Andreas Klaffke thematisierte die umstrittene Wortwahl des Landrats zur Beschreibung psychiatrisch erkrankter Geflüchteter als „tickende Zeitbomben“. Er dankte Brötel für seine klare Abgrenzung gegenüber jenen, „die die Krisen der Zeit für ihr mieses Spiel gegen unsere freiheitliche Verfassungsordnung nutzen“. Gleichzeitig bat er um eine sensiblere Sprache, da nur eine sachliche Debatte über zentrale Herausforderungen wie Klimakrise, Generationengerechtigkeit, Wirtschaftswachstum, Bildung, Infrastruktur und Migration zielführend sei. Dabei zitierte er Angela Merkel: „Achtet auf die Sprache. Denn die Sprache ist sozusagen die Vorform des Handelns.“
Brötel dankte für die Einladung, lobte die konstruktive Arbeit der Grünen Kreistagsfraktion und betonte die gemeinsame demokratische Grundhaltung. Haltung sei jetzt gefragt: „Haltung für eine offene, eine bunte, eine vielfältige und vor allem eine demokratische Gesellschaft – in Mosbach, in Buchen, im Neckar-Odenwald-Kreis und in ganz Deutschland.“ Gleichzeitig müsse man Fehlentwicklungen offen benennen, um radikalen Kräften keinen Nährboden zu bieten.
Bundestagskandidat Horst Berger: „Achtsam in der Sprache“
Horst Berger erläuterte die Beweggründe für seine Kandidatur und stellte zentrale Wahlkampfthemen vor. Er dankte für die breite Unterstützung durch die Kreis-Grünen und die Buchener. In persönlichen Worten wandte er sich an den Landrat und forderte ihn auf, polarisierende Aussagen zu vermeiden. „Sollten nicht auch wir mit der Art, wie wir formulieren, wieder deutlich achtsamer sein?“ fragte Berger in die Runde – eine Anregung, die mit großem Beifall bedacht wurde.
Simone Fischer: Soziale Gerechtigkeit als Herzensanliegen
Als Hauptrednerin betrat Simone Fischer die Bühne. Die gebürtige Buchenerin tritt in Stuttgart für das bisher von Cem Özdemir gehaltene Bundestags-Direktmandat an. Klaffke witzelte: „Nämlich weil der ja nächstes Jahr Minischderpräsident wird.“
Fischer betonte, dass soziale Gerechtigkeit ihr zentrales Anliegen sei. Ihre Körperbehinderung habe es ihr nicht leicht gemacht, eine Regelschule zu besuchen. Ursprünglich war für sie eine Sonderschule vorgesehen – 90 Kilometer entfernt von Familie und Freunden. Nur durch die Hartnäckigkeit ihrer Eltern und engagierter Lehrer konnte sie ihren Bildungsweg in Osterburken und Kehl fortsetzen. „Ohne diese Menschen stünde ich heute nicht hier!“
Heute setzt sie sich als Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen ein. Ihre Botschaft: „Es lohnt sich immer, zu kämpfen. Barrieren können überwunden werden – gerade dann, wenn wir uns gemeinsam dafür stark machen.“ Besonders der Gesundheits- und Pflegebereich liege ihr am Herzen. Eine gute Pflege müsse innovativ, modern und im Sozialraum verankert sein. Ebenso brauche es ein Gesundheitssystem, das für alle zugänglich ist – in Stadt und Land.
Fischer machte deutlich, dass sie sich auch in Berlin für ihre alte Heimat einsetzen wolle. Ihre Rede wurde mit langem Applaus bedacht.
Ausklang des Abends
Bei Getränken und einem Buffet klangen die Diskussionen und Redebeiträge des Abends noch lange nach.