Studenten-Widerstand am HSG

Widerstand in der DDR – Ein Zeitzeuge berichtet

von Simon Dalpke

Hanns Lutz Dalpke während seines Vortrages in der 9. Klasse des HSG. (Foto: privat)

Eberbach. Die Klasse 9c des Hohenstaufen- Gymnasiums mit Geschichtslehrerin Dr. Gabriele Sellner befasst sich zurzeit im Unterricht mit der DDR.  Zeitzeuge Hanns Lutz Dalpke, Widerständler in der DDR, sollte den Unterrichtsstoff vertiefen.

Eine kleine Widerstandsgruppe von 14 Studenten der Technischen Hochschule Dresden war nach Auffliegen ihrer Forderungen in einem hoch aufgehängten Schauprozess in Dresden angeklagt. Diese Studentenprozesse waren, wie  Dalpke den Schülern der 9. Klasse des Hohenstaufen-Gymnasiums erläuterte, die personell größten Prozesse gegen Studenten in der DDR. Er selbst hat damals als einer der Hauptangeklagten wegen Staatsverrats auf der Anklagebank gesessen.

Die Widerstandsgruppe aus Studenten der Technischen Universität Dresden hatte sich nach steigender Unzufriedenheit, die durch die eingeschränkte Meinungsfreiheit und die schwierige Zulassung zu einem Studienplatz hervorgerufen wurde, zusammen gefunden. Die Gründung erfolgte durch vier Oberschüler aus Pirna, die einen Jugendbund für gegenseitige Unterstützung bildeten. 

Diese Gruppe habe verschiedene politische Diskussionen geführt. Eine Flugblattaktion gegen die damals schon bestehenden Reisebeschränkungen von Studenten kam an der TH Dresden sehr gut an, beschreibt Hanns Lutz Dalpke, die damalige Situation. Eine Anfrage an das Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen in West-Berlin nach finanzieller Unterstützung wurde abgelehnt, deshalb musste die Gruppe das Vervielfältigungsgerät aus eigener Tasche kauften. Zur Benutzung dieser Maschine kam es allerdings nicht. 1958 gab sich die Gruppe einen neuen Namen (Nationalkommunistischer Studentenbund) und arbeitete ein 16-Punkte umfassendes Programm aus. In ihm bekannten sich die Studenten zu demokratischen Werten und zu einer negativen Neigung gegen das Ministerium für Staatssicherheit. Im Jahr 1959 wurde die Gruppe von einem Aussteiger verraten und von den Behörden verhaftet.



Nach einiger Zeit in der Untersuchungshaft, in absoluter Isolation und nach ewig langen Verhören, kam es zum Schauprozess in Dresden, erinnert sich  Dalpke. Dieser sei so hoch aufgehängt gewesen, dass später Papiere an Generalsekretär Walter Ulbricht bekannt wurden. Drei westliche Studenten wurden als einzige westliche Beobachter zugelassen. 

 

Hanns Lutz Dalpke berichtet, dass Aussagen die Hauptbeweise gegen die fünf Mitglieder der Gruppe waren. Weitere Beweise waren zum Beispiel der nichtbenutzte Vervielfältigungsautomat. Die mehrjährigen Haftstrafen der Angeklagten waren für die Anklagepunkte nach DDR Gesetzen noch niedrig, in Anbetracht der wirklich erfolgten Tätigkeiten, Gründung einer Studentengruppe, Forderung nach Demokratie und Ablehnung der Staatssicherheit, jedoch viel zu hoch. Der Prozess war im Wesentlichen ein politisch motivierter Prozess, um weitere Studenten von Aktionen, die Freiheit einforderten, abzuhalten, ist sich Widerständler Dalpke sicher.
Er selbst saß seine Haftstrafe in verschiedenen Haftanstalten in der DDR ab. In der ersten Haftanstalt musste er harte körperliche Arbeit verrichten, während er in Torgau als ehemaliger Student für Carl Zeiss Jena technische Zeichnungen anfertigen sollte. Nachdem er gut fünf Jahre seiner Strafe abgesessen hatte, wurde er in einer der ersten Freikaufaktionen für politische Häftlinge von der Bunderepublik Deutschland frei gekauft und durfte nach Westdeutschland ausreisen.

Nachdem Hanns Lutz Dalpke seien Vortrag beendet hatte, stand er für  Fragen der Schüler zur Verfügung. Diese fanden den Vortrag sehr informativ, aber ebenso waren viele über das Rechtssystem in der DDR überrascht. Eine Schülerin meinte, dass es heute unvorstellbar sei, nur wegen seines Denkens in ein Gefängnis zu müssen. Ein anderer glaubt, dass sich die junge Generation das Rechtssystem in der DDR und die Teilung gar nicht mehr vorstellen könne.

Infos im Internet: 

www.hsg-eberbach.de

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