von Liane Merkle
MdB Alois Gering (CDU) referierte über den “Aufbruch in ein neues Energiezeitalter.”
Großeicholzheim. Vorstand und Aufsichtsrat der Genossenschaft Bürger-Energie Großeicholzheim stehen sprichwörtlich in den Startlöchern. Anders kann die Erwartungshaltung der Verantwortlichen nicht gedeutet werden, denn immerhin 75 Prozent des Soll an Wärmeabnahmeverträgen für ein wirtschaftlich funktionierendes Nahwärmenetz ist bereits unter Dach und Fach. Einen genauen Sachstandsbericht gaben hierzu in der ersten außerordentlichen öffentlichen Generalversammlung in der sehr gut besuchten örtlichen Tenne Vorstandsvorsitzender Reinhold Rapp, Aufsichtsratsvorsitzender Thomas Ludwig sowie die beiden Techniker in den Gremien, Roland Bangert und Roland Salopek.
Thomas Ludwig zeigte sich besonders erfreut über die Anwesenheit von Ekkehard Brand als Botschafter der Bio-Energie-Region HOT sowie von MdB Alois Gerig, der mit seinem Impulsreferat „Aufbruch in ein neues Energiezeitalter“ Großeicholzheim absolut auf dem richtigen Weg sah. Er beglückwünschte die Bürger ausdrücklich zu ihrem Entschluss und zu dem dörflichen Zusammenhalt. Vor allem, weil sie das Zepter selbst in die Hand nähmen.
Weiter betonte das Bundestagsmitglied, dass 2011 politisch zum einen von der Finanzmarktstabilisierung, aber auch vom Energiewandel geprägt gewesen sei. Der Ehrgeiz der Deutschen in Sachen erneuerbare Energie, angekurbelt durch den Atomkraftausstieg nach der Katastrophe in Japan, habe zu einem enormen Know-how-Vorsprung geführt, den man nutzen sollte. „Auch wenn es sicher nicht einfach wird: Wir haben die Dächer für Solar und das Gelände für Windkraft, aber es ist wichtig, die Wertschöpfung in der Region zu halten“.
In diesem Zusammenhang hielt Gerig die Teller-Tank-Diskussion für überflüssig, denn „Hungersnot gab es auch schon, als die deutschen Landwirte noch Überschuss genug zu absoluten Dumpingspreisen produziert haben“, und es sei selbstverständlich, dass die Balance zwischen Nahrungsmittel und Energie gehalten werden müsse. Es selbst sei stolz, aus dem Neckar-Odenwald-Kreis zu stammen, wo man selbstbewusst das Zepter selbst in die Hand nehme und im Ehrenamt zusammenhalte und wo inzwischen 30 Prozent der Energie aus erneuerbaren Energien stamme. Abschließend seines kurzweilig informativen Referats wünschte Alois Gerig dem ökologisch so sinnvollen Projekt Bürger-Energie Großeicholzheim den notwendigen ökonomischen Erfolg.
Bisher könne man auf 83 Gründungsmitglieder, 67 Vollabnehmer, 3 Geringabnehmer und 4 Anschlüsse ohne Wärmeabnahme stolz sein, erläuterte Vorstandsvorsitzender Reinhold Rapp eingangs seines Sachstandsberichts. Auch habe man den Baden-Württembergischen Geno-Verband mit der Gründungsprüfung beauftragt und dafür nicht wenige Unterlagen vorbereiten und einreichen müssen. Das sei jedoch Voraussetzung für die Eintragung der Genossenschaft, deren Vorstand und Aufsichtsrat auch in der Gründungsphase schon die erste gemeinsame Sitzung bestritten habe, um die weiter Vorgehensweise zu besprechen.
Stolz sei man auch auf die Resonanz in den Sprechstunden, die ehrenamtlich jeden Mittwoch und Freitag von 18.30 Uhr bis 20 Uhr im Ortsvorsteherzimmer im Wasserschloss stattfinden. Es sei die beste Möglichkeit, individuelle Fragen und Probleme anzugehen. Auch als Folge dieser Sprechstunden könne man nun mit Stolz auf Sonderfinanzierungsprogramm für die Finanzierung von Genossenschaftseinlagen bzw. für den Abschluss eines Wärmeliefervertrags notwendigen Umbauarbeiten im Wohnhaus sowohl von Volksbank Mosbach als auch der Sparkasse Neckartal-Odenwald hinweisen.
Roland Bangert machte anhand einer übersichtlich Power-Point-Präsentation deutlich, wo in dem 5300 Meter umfassenden Wärmenetz noch Verdichtungsbedarf besteht, damit man das Mindestlimit von rd. 100 Beteiligungen und damit die unterste Stufe der Wirtschaftlichkeit erreicht werden kann. Auch gab er Antworten auf die häufigsten Fragen aus der Sprechstunde. Unter anderem z. B. „Was mache ich nach dem Anschluss ans Nahwärmenetz mit meinem Restheizöl im Tank?“ – Da die Genossenschaft, zumindest im Anfangsstadium eine Ölheizung als Zusatz- bzw. Spitzenlastheizung betreiben wird, wird sie die Restmengen abkaufen und abholen. Ein entsprechender Preis wird dann aktuell kalkuliert. Bangert versprach auch, dass die Genossenschaft auch eine Lösung finden werde, wenn die Ölheizung eines Anschlussnehmers kaputt geht, bevor das Nahwärmenetz fertig ist.
Als Fachmann für energetische Wirtschaftlichkeit macht Roland Salopek deutlich, dass bei vorsichtigstem Kalkulationsvergleich von Nahwärme und Ölheizung erstere mit 13 Cent je kWh zwei Cent unter der Ölheizung liegt und voraussichtlich für lange Zeit stabil bleibt. Abschließend bat Reinhold Rapp die interessierten Mitglieder, doch ihre Nachbarn wegen möglicher Nachverdichtung anzusprechen. Er und seine „Kollegen“ würden frühere Interessenten und Gewerbetreibende noch einmal persönlich ansprechen und die Genossenschaftseintragung forcieren. Denn nur nach dem Eintrag sei es sinnvoll, weitere Mitglieder – wie schon 13 auf der „Warteliste“ stehen – aufzunehmen, die nicht zwischen Wärmeabnehmer sein müssen. Sobald das Soll von mindestens 100 Abnehmern erreicht sei, würden die Haupttrassen festgelegt ebenso wie die Bauabschnitte. Ausschreibungen und Planungen würden den Bauarbeiten, die mit der Zusatzheizung beginnen, vorausgehen. Und man prognostiziere optimistisch, dass die erste Nahwärme schon bis Jahresende 2012 im Netz sein könnte.