Karin Schnorr mit ihren Kleinen bei der musikalischen Früherziehung. (Foto: privat)
Mudau. Aktive Vereinsarbeit fällt vielen Vereinen immer schwerer. Dies zeigt auch die aktuelle Diskussion um das Ehrenamt. Dazu kommen belastende Rahmenbedingungen wie persönliche Haftung der Verantwortlichen oder auch steuerliche Aspekte in der Vereinsführung, die ohne Beratungsunterstützung kaum noch zu bewältigen sind. Demographischer Wandel, rückläufige Geburtenraten, höhere Anforderungen an Kinder und Jugendliche infolge der Schulrechtsreformen (z.B. G 8 / Ganztagesschulen), nicht zuletzt auch die Interessenverlagerung bei den Jugendlichen hin zu PC und Internet tragen ebenfalls ihren Teil zu einem schwierigeren Vereinsumfeld bei. Im Gespräch mit NOKZEIT (NZ) stellen die Verantwortlichen des Musikvereins Mudau vor, dass man trotz dieser Rahmenbedingungen erfolgreiche Jugendarbeit leisten kann.
NZ: Jugendarbeit im Musikverein Mudau, wie sehen sie die aktuelle Situation ?
Norbert Banschbach (langjähriger 1. Vorsitzender): Der Musikverein Mudau versteht sich als einer der wesentlichen Kulturträger der Gemeinde. Wir zeigen eine hohe Präsenz bei allen weltlichen und kirchlichen Anlässen. Darüber ist die Trachtenkapelle weit über die Grenzen Mudaus als angesehener und gerne gehörter Klangkörper bekannt. Dieses Niveau zu halten bzw. auszubauen ist unsere satzungsrechtliche Aufgabe. Dies gelingt jedoch nachhaltig nur mit einer gut funktionierenden Jugendarbeit.
NZ: Was heißt das konkret ?
Ralph Müller (Dirigent): Die Strukturschwache des ländlichen Raumes führt dazu, dass viele aktive Musiker und Musikerinnen irgendwann ihr „Instrument an den Nagel hängen“ müssen.
Ausbildung, Studium oder auch der Beruf außerhalb unserer Wirtschaftsregion bringen das zwangsläufig mit sich. Daneben spielen oft auch familiäre Gründe eine Rolle. Für den Verein bedeutet dies, dass die Fluktuation in der Besetzung der Kapelle mit allen möglichen Mitteln aufgefangen werden muss. Dies lässt sich nur durch eine aktive Jugendarbeit erreichen. Der Musikverein versucht, in dieser Hinsicht einiges zu bieten: kostengünstige Ausbildung an einem Musikinstrument, damit verbunden auch ein Erziehungsbeitrag durch den Verein, letztendlich Aufbau von sozialer Kompetenz und Gemeinschaftssinn. Wir sehen in unserer Ausbildung für alle Beteiligten einen sinnvollen Beitrag zur Freizeitgestaltung mit hohem Lerneffekt, der auch außerhalb des Vereins von Nutzen ist.
NZ: Wie sieht die Ausbildung im Musikverein Mudau genau aus?
Karin Schnorr (Ausbilderin): Der Einstieg erfolgt schon in der Grundschule, und zwar über eine kindgemäße Heranführung der interessierten Grundschüler an die Musik. Diese musikalische Früherziehung geschieht im Rahmen des Kooperationsmodells Schule-Verein, welches seit Jahren gemeinsam mit der Grund- und Hauptschule Mudau praktiziert wird. Dabei werden Schüler der 1. und 2. Klasse in den Bereichen Singen und Sprechen, Musik hören und musikalische Wahrnehmung sowie Rhythmusschulung spielerisch unterrichtet. Elementares Musizieren auf einfachen Schlaginstrumenten, aber auch Instrumentenkunde und erste Erfahrungen mit der Musiklehre gehören mit dazu. Des Weiteren erhält jedes Kind in der 2. Klasse ein Glockenspiel auf Leihbasis und kann somit auch lernen, Verantwortung für ein Instrument zu übernehmen. Highlights des Gruppenunterrichts sind aber immer die aktiven Erfahrungen der Kinder mit den einzelnen Blasinstrumenten, die in den jeweiligen Unterrichtsstunden vorgestellt und ausprobiert werden.
NZ: Wo sehen Sie die Perspektiven, aber auch die Probleme, die es in diesem Bereich zu bewältigen gilt ?
Karin Schnorr: Wir wollen diesen Bereich, auch weil musische Fächer im Schulplan eher eine untergeordnete Rolle spielen, weiter ausbauen. Eine stärkere Integration in den Schulalltag, die wir gemeinsam mit der Schule diskutieren, soll künftig erfolgen. Dabei kommt es für uns darauf an, allen, auch sozial benachteiligten Schülern, eine qualitativ gute, aber auch kostengünstige Ausbildung zu bieten. Im Hinblick auf das stetig steigende Interesse seitens der Kinder und Eltern suchen wir aber auch nach personellen Unterstützungsmöglichkeiten, da dies ehrenamtlich nur schwer zu bewältigen ist.
NZ: Was passiert nach Beendigung der zweijährigen musikalischen Früherziehung ?
Julia Fertig (Jugendleiterin): Generell versuchen wir, einen nahtlosen Übergang von der Früherziehung hin zur Ausbildung am Blasmusikinstrument zu schaffen. Aber auch Kinder, die nicht die musikalische Früherziehung durchlaufen haben, sind uns jederzeit willkommen. Auftakt ist immer die Ankündigung in den Medien, dass ein neuer Ausbildungsgang im Musikverein startet. Dies versuchen wir spätestens alle zwei Jahre zu organisieren. Die Ausbildung findet im Gruppen- bzw. Einzelunterricht statt, je nach Instrument bzw. Anzahl der interessierten Kinder. Die Ausbilder selbst werden über interne Schulungsmaßnahmen, aber auch über entsprechende externe Seminare auf diese Aufgabe vorbereitet.
NZ: Hat sich die Blasmusikausbildung im Musikverein zu bewährt ?
Julia Fertig: Nach meinen Erfahrungen können wir unser Ausbildungsprogramm als erfolgreich ansehen. Natürlich wird nicht aus jedem Musikschüler ein Spitzenkönner an seinem Instrument, aber grundsätzlich stehen auch hierzu alle Wege offen. Einige, die den Ausbildungsweg im Musikverein beschritten haben, finden sich später im Musikstudium wieder oder sind selbst irgendwann als Ausbilder oder gar Dirigenten tätig. In jedem Fall aber tragen wir damit ein Stück weit auch zur Persönlichkeitsbildung bei. Die Kinder lernen, sich in der Gemeinschaft zu bewegen, wobei auch die individuellen Fähigkeiten eines jeden einzelnen berücksichtigt werden. Wir stellen sogar positive Resonanz einzelner Arbeitgeber bei Bewerbungen im Rahmen der späteren Berufswahl fest, wenn als Hobby „aktives Mitglied im Blasmusikverein“ angegeben wird.
NZ: Wie kann das alles finanziell gemeistert werden ?
Norbert Banschbach: Die Kosten- und Finanzierungssituation ist naturgemäß nicht ganz einfach. Den Kosten für Instrumentenbeschaffung und –reparatur, den Ausbildungskosten, Notenmaterial, Einkleidung, etc. steht der Ausbildungsbeitrag der Eltern gegenüber. Auch ein erheblicher Teil des Jahresbeitrages der passiven Mitglieder wird für den Jugendbereich verwendet. Obwohl die Ausbilder selbst ehrenamtlich tätig sind und lediglich eine Grundvergütung im Rahmen des steuerlich anerkannten Übungsleiterfreibetrages erfolgt, ist dieser Ausbildungsbereich natürlich nicht kostendeckend. Es gibt aber auch weitere Unterstützungsleistung in Form von Spenden, die wir gerne und dankend annehmen. Letztendlich ist es eine große Aufgabe, diesen Bereich finanziell tragfähig zu gestalten. Allerdings ist er für uns sehr wichtig, denn schließlich geht es ja auch um die Zukunftsfähigkeit des Vereins.
NZ: Wie will sich der Verein mit seiner Jugendarbeit weiter entwickeln ?
Ralph Müller: Wie heißt es so schön: „Stillstand ist Rückschritt“. Ein geflügeltes Wort, leicht hingesagtes Wort. Dabei wissen wir sehr wohl, dass es alles andere als einfach ist, bei den derzeitigen Rahmenbedingungen, das Erreichte zu erhalten. Natürlich haben wir Ziele: Wir wollen die musikalische Früherziehung weiter ausbauen, die Ausbildung am Instrument qualitativ weiter verbessern. Wir sind immer wieder in Gesprächen mit der Gemeinde, mit der Schule, aber auch mit Musikschulen und benachbarten Vereinen, um gemeinsame Ideen zu entwickeln, die Situation weiter zu verbessern. Dabei spielt die Finanzierbarkeit und die Belastbarkeit der verantwortlichen Personen naturgemäß immer die wichtigste Rolle.
Fakten zur Jugendarbeit beim MV Mudau:
Aktuell nehmen 83 Kinder und Jugendliche an musikalischen Aus-bildung im Verein teil. In der musi-kalischen Früherziehung (seit 2011 in Kooperation mit der GHS Mudau) sind aktuell 33 Kinder in drei Gruppen, alleine im Jahr 2014 haben 19 Kinder neu angefangen. Insgesamt konnten bereits 74 Kinder die musikalische Früherziehung durch-laufen. Weitere 50 Kinder werden aktuell an allen Blasmusik-instrumenten von der Querflöte bis zur Tuba im Verein ausgebildet. Elf Ausbilder aus dem Verein erledigen diese Aufgaben ehrenamtlich.