„Sie leisten bewundernswerte, wertvolle Arbeit!“

Die Festgäste feiern den Auftritt der Insassen. (Foto: pm)

50 Jahre JVA Adelsheim – Anstaltsleiterin Fritsche: „Eigentlich kein Grund zu Feiern!“

Adelsheim. (bd) Am 04. February 1974 wurde die JVA Adelsheim als damals modernste Jugendstrafanstalt Deutschlands in Betrieb genommen, um den „Neuen Weg“ im Jugendstrafvollzug zu beschreiten.

Dieser sorgte für internationale Beachtung und war vom damaligen Justizminister Traugott Bender (CDU) begründet worden: „Junge Strafgefangene haben ihr Leben noch vor sich. Es soll ein verantwortungsvolles und sinnerfülltes Leben in Freiheit werden. Deshalb ist die entscheidende Perspektive, dem jungen Menschen zu helfen, Freiheit in Verantwortung zu gebrauchen. Verantwortung und Freiheit müssen geübt werden.“

Beim Festakt zum 50-jährigen Jubiläum, das über das ganze Jahr hinweg auf verschiedene Weise begangen wird, erinnerte Dr. Wolfgang Stelly vom Kriminologischen Dienst Baden – Württemberg am Freitag an diese Prämisse und ermutigte die zahlreich anwesenden Verantwortlichen aus Politik und Justiz zur Rückbesinnung auf diese Grundsätze.

In seinem Festvortrag skizzierte er die „Veränderungen und Herausforderungen im Baden-Württembergischen Jugendstrafvollzug“ und verdeutlichte die seines Erachtens zu behebenden Defizite – neben dem lange überfälligen Umbau für den gesetzlich gebotenen „Wohngruppenvollzug“ insbesondere eine fehlende pädagogische Zusatzausbildung für die Arbeit mit Jugendstrafgefangenen, „die den Kolleginnen und Kollegen im uniformierten Dienst ihre schwierige Arbeit erleichtern könnte“.

Auch Anstaltsleiterin Katja Fritsche hatte sich in Ihrer Begrüßung gegen Schönfärberei und Lobhudelei verwahrt, eigentlich seien 50 Jahre Jugendgefängnis „kein Grund zu feiern“, insbesondere, wenn sie an die alltäglichen Probleme mit Gewalt zwischen den Insassen und den teils desaströsen baulichen Zustand denke.

Was sie jedoch strahlen ließ, waren die Beiträge von Insassen zum Festakt, der von der Knastband PrisonTime mit „Viva la vida“ eröffnet worden war.

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Unter den 120 geladenen Gästen waren neben Justizministerin Marion Gentges (CDU) mit der gesamten Spitze der Vollzugsabteilung ihres Ministeriums, Minister Peter Hauk (CDU), seinen Landtagskolleginnen Daniela Evers (Grüne) und Julia Goll (FDP), den Behördenleitungen der regionalen Justiz, Polizei und Bauverwaltung, Vertreter von Straffälligenhilfe-Trägern sowie Bürgermeister Wolfram Bernhardt, Ralph Gaukel und Eva-Maria Grimm vom Anstaltsbeirat, aber auch vielen ehemaligen Anstaltsleitungsmitgliedern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Das Lob wollte ihr Ministerin Gentges dann aber doch nicht ersparen: „Sie leisten bewundernswerte, wertvolle Arbeit!“ führte sie aus und bezog sich dabei ausdrücklich auf die vielen Schul- und Berufsabschlüsse, die den über 30.000 jungen inhaftierten Männern seit 1974 ermöglicht wurden. Darauf könne und solle die Anstalt stolz sein und das sei ein wirklicher Grund zu feiern.

Gefeiert wurden anschließend die vier jungen Adelsheimer Schauspieler, die das Stück „Auswege“ auf die Bühne brachten. In nur 12 Probetagen hatten sie mit dem Projekt „Theater hinter Gittern“ des Theaters Konstanz ein 20-minütiges, teils autobiografisches Stück erarbeitet, das die Gäste fesselte und zu Ovationen hinriss – für die jungen Männer, die sonst Richterinnen, Staatsanwälte und Polizisten eher als „Gegner“ kennen, ein erkennbar erhebendes Gefühl.

Dr. Joachim Walter, der seiner „geliebten“ JVA Adelsheim mehr als 20 Jahre vorstand, gab eine Anekdote aus 80-er Jahren zum Besten und Bürgermeister Bürgermeister WolframBernhardt gratulierte mit viel Humor der JVA und seiner Stadt zur “Goldenen Hochzeit“.

Der abschließende Dank Fritsches galt allen Mitwirkenden und den Vorbereiterinnen um Verwaltungsleiter und „Cheforganisator“ Klaus Brauch-Dylla, „der für seine Anstalt lebt“.

Nach „Radioactive“ mit PrisonTime und der Zugabe „Mad World“ wartete nicht nur das Buffet der Anstaltsküche und Bäckerei auf die Gäste, sondern die Abteilungen und Projekte des Jugendgefängnisses präsentierten sich mit unterschiedlichsten Ausstellungen.

Anschließend erfolgte die Eröffnung des neuen „Knast-Lädles“, das ab 15. März immer freitags von 11:00 bis 14:30 Uhr Produkte aus den Adelsheimer JVA-Betrieben wie auch aus den anderen Gefängnissen des Landes anbieten wird.

 

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