60 Jahre Jugenddorf Klinge

,,Ein Ort zum Leben – Ein Ort der Begegnung“

von Liane Merkle

Seckach/Klinge. ,,Vielfältig sind die Leistungen, die in all den Jahren von und in der Klinge erbracht wurden. Umfangreich sind auch die Verdienst vieler Menschen, die direkt oder indirekt ihre segensreichen Beiträge geleistet haben und gewaltig die Umwälzungen und positiven Entwicklungen, die das Kinder- und Jugenddorf Klinge für die Gemeinde Seckach gebracht haben“. So Bürgermeister Thomas Ludwig in seinen Ausführungen, die er auch im Namen von Landrat Dr. Achim Brötel tätigte, zum 60jährigen Gründungsjubiläum der stationären Jugendhilfeeinrichtung.

Unter dem Klinge-Motto ,,Ein Ort zum Leben – Ein Ort der Begegnung“ hatten sich zahlreiche Gäste, darunter neben dem Landrat auch Bundestagsabgeordneter Alois Gerig, die Landtagsabgeordneten Peter Hauk und Georg Nelius sowie Bürgermeister der angrenzenden Gemeinden, Weihbischof Dr. Bernd Uhl, sowie als Vorsitzender des Kinder- und Jugenddorfes Klinge e.V. Meinrad Edinger und dessen Vorgängerin im Amt Barbara Schäfer-Wiegand, die Ehrenbürger Pfarrer Herbert Duffner und Ekkehard Brand und Vertreter der Kirchen, Mitarbeiter und ehemalige sowie aktuelle Vorstände und Vorstandsmitglieder bereits zum Festgottesdienst in der bis auf den letzten Platz besetzten Klinge-Kirche St. Bernhard eingefunden.

Dieser Artikel ist mir was wert: [flattr btn=”compact” tle=”60 Jahre Jugenddorf Klinge” url=”https://www.nokzeit.de/?p=9402″] Gesanglich umrahmt vom Gesangverein Seckach unter Dirigentin Christa Parstorfer und tänzerisch bereichert durch die Klingekinder, zelebrierten Pfarrer Herbert Duffner, Regionaldekan Michael Vollmert, Pfarrer Martin Drahtschmidt und Diakon Josef Depta den festlichen Gottesdienst zusammen mit Weihbischof Dr. Bernd Uhl.
Dieser betonte nach der Weihe der Jubiläumskerze in seiner Predigt über das wohlwollende Auge Gottes auf die Entwicklung seiner Kinder, dass die Klinge jede Menge Gründe zum Feiern habe und keinen, um sich ihrer Vergangenheit zu schämen. Denn während 2010 als Jahr der Enthüllungen zahlloser Kindesmissbrauchsfälle gewesen sei, habe es solche in der Klinge nur in verschwindend geringer Zahl gegeben, und diese seien schon damals zeitnah aufgedeckt und rigoros durch den Träger geahndet worden.

In der Begrüßung von Meinrad Edinger nicht vergessen wurden natürlich die Kinder und Jugendlichen der Einrichtung selbst und Dorfleiter Dr. Johann Cassar, der durch das Festprogramm in der Seckachtalhalle führte. Edinger ging in seinem kurzen Rückblick auf die elf Baracken als Ursprung des Kinder- und Jugenddorfes Klinge e.V. ein. Ursprünglich gebaut für die Zwangsarbeiter der Organisation Todt, wurden sie zum Auffanglager eines riesigen Flüchtlingsstroms, den die Kreiscaritasstelle Buchen mit ihrem Vorsitzenden Pfarrer Heinrich Magnani aus Hettingen betreute.
Die elternlosen Flüchtlingskinder sowie Kinder und Jugendliche aus den zerbombten Städten wurden zu seiner Hauptaufgabe, die er mit Gottvertrauen und der ihm eigenen Menschenliebe und Bodenständigkeit ausübte. Weiter lobte Edinger die Weitsicht und das Geschick von Herbert Duffner, der als Nachfolger von Magnani das Jugendheim zu einer modernen Jugendhilfeeinrichtung mit bundesweitem Ansehen und zu einem Ort der Begegnung führte.
Georg Groß als Verwaltungsleiter sei für alle relevanten Personen in den letzten 32 Jahren ein Garant der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens Klinge gewesen und Dr. Johann Cassar habe das Dorf in den bisher zehn Jahres seines Wirkens zu einer angesehenen Jugendeinrichtung mit hoher Fachlichkeit geführt.
Heute sei die ehemalige „Teufelsklinge“ ein Dorf mit Kirche, Schule, Kindergarten, Gaststätte, zahlreichen Freizeiteinrichtungen und natürlich Menschen, die es zum Leben erwecken. In 44 Gebäuden leben 170 Kinder und mehr als 200 MitarbeiterInnen.

60 Jahre Jugenddorf Klinge[nggallery id=76](Fotos: Liane Merkle)

Nach dem gemeinsamen Mittagessen und der musikalischen Eröffnung durch Trompetensolistin von Bilcan Aktar, stimmten die Kinder der Klinge unter der Leitung von Hedwig Keppler und Carmen Berner unter dem Motto ,,Wir sind Kinder dieser Welt“ eindrucksvoll auf die Inhalte der Veranstaltung ein. Schüler der St. Bernhardschule stellten anschaulich unter der Leitung von H. Heilig, H. Kaub, H. Gäckle und F. Korbmann, unterbrochen von der zitierten Chronik mit Power-Point-Unterstützung, Episoden aus 60 Jahre Klinge vor.

Das Klingelied lud zum gemeinsamen Singen ein und zwei Klaviervorträge von Justin Mendes zusammen mit Istvan Koppanyi von der Musikschule Bauland rundeten den ersten Teil des Festprogramms harmonisch ab. Als ,,Grußwort-Sharing“ zwischen Bürgermeister Thomas Ludwig und Landrat Dr. Achim Brötel würdigte das Seckacher Ortsoberhaupt das segensreiche Wirken des Kinder- und Jugenddorfes und erläuterte die Höhen und Tiefen der Klinge und ihrer verbundenen Menschen.
So habe sich der 1979 verstorbene Ehrenbürger Geistlicher Rat Pfarrer Heinrich Magnani nach Kriegsende 1945 zwei Ziele gesetzt. Zum Einen die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum für die ausgebombte und evakuierte Bevölkerung aus den Großstädten sowie für die aus den Ostgebieten vertriebenen Deutschen und zum Anderen die Betreuung und Förderung von durch die Kriegswirren zu Waisenkindern gewordenen jungen Menschen. Mit seiner oftmals unkonventionellen und sehr pragmatischen Art, einer nimmermüden Schaffenskraft und unerschütterlichem Gottvertrauen sei es Magnani in schwierigen Zeiten gelungen, seine Ziele zu erreichen, sagte Bürgermeister Thomas Ludwig.

Wurden in den Anfangsjahren junge Menschen in der Klinge aufgenommen, die ihre Eltern in den Kriegs- und Nachkriegswirren verloren hatten, so habe sich dieses Bild gewandelt hin zu Sozialwaisen, bei denen das problematische häusliche und familiäre Umfeld eine stationäre Unterbringung alternativlos mache.

Viele tausend Male schon habe man schon Kinder- und Jugendliche auf Grundlage der christlichen Werteordnung erfolgreich auf das Erwachsenenleben vorbereitet. Für die Jugendhilfe des Neckar-Odenwald-Kreises sei die Klinge ein sehr zuverlässiger und leistungsstarker Partner, welcher Kindern und Jugendlichen aus schwierigsten Lebenssituationen heraus hilft und sie bestens auf ihr Erwachsenendasein vorbereitet, betonte Ludwig namens des Landrates.
Bezüglich der Wechselbeziehungen zwischen Klinge und der Gemeinde Seckach wies der Bürgermeister darauf hin, dass ausgerechnet in der Stunde Null 1945, die Keimzelle für den später rasanten Aufstieg Seckachs liege.
Dieser Artikel ist mir was wert: [flattr btn=”compact” tle=”60 Jahre Jugenddorf Klinge” url=”https://www.nokzeit.de/?p=9402″] Durch die Existenz der von der Organisation Todt in der Teufelsklinge errichteten Baracken sei es dem Landkreis Buchen möglich geworden, in der Gemeinde Seckach das zentrale Durchgangslager für die Heimatvertriebenen einzurichten. Ab Sommer 1947 entstand dann in einem Teil der Baracken das Caritas Erholungsheim für Kinder aus den ausgebombten Großstädten der Erzdiözese Freiburg, welches ab August 1949 in ausgebautem Zustand und mit angegliederter Jugendherberge ganzjährig betrieben werden konnte und nun den Namen ,,Caritas-Hütte“ trug.

Nachdem an der Jugendarbeit interessierte Persönlichkeiten den Verein ,,Jugendheim Klinge e.V.“ als einer Erziehungs- und Erholungsstätte für die Jugend des Landkreises gegründet hatten, dehnte sich die Bebauung in der Klinge von Jahr zu Jahr durch vielfältige Unterstützung fleißiger Hände treuen Spendern mehr aus, wodurch praktisch ein neuer Seckacher Ortsteil entstand. „Auch nach außen hin präsentierte sich diese Einrichtung später als ein Ort der Begegnung für Jung und Alt und aus Nah und Fern,“ so Bürgermeister Ludwig weiter.

Als Beispiel hierfür nannte er das Tagungshaus St. Rafael, die Ferienhäuser, den Sportplatz und die Turnhalle, die Gaststätte St. Benedikt, das große Spielgelände, die kirchlichen Angebote von St. Bernhard, die zahlreichen Kunstwerke und natürlich das alljährliche Klingefest.

Zur Verwendung für die Beschaffung von Spiel- und Beschäftigungsmaterial im Freizeitbereich überreichte der Bürgermeister ein Geldpräsent und den Ehrenteller der Gemeinde Seckach als äußere Wertschätzung der engen Verbundenheit.

Mit dem gesanglichen Beitrag von Rachele Scarale mit Unterstützung von Istvan Koppanyi wurde zum Ausklang mit Kaffee und Kuchen übergeleitet, was musikalisch durch die Lehrer-Combo der Musikschule Bauland mit Stefan Herzog, Alexander Kilian, Waldemar Oberst und Manfred Sauer umrahmt wurde.

Infos im Internet:
www.klinge-seckach.de/

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