
_(Foto: Liane Merkle)_
**Großeicholzheim.** _ (lm)_ „Aus einem zarten Pflänzchen wurde dank guter Pflege inzwischen ein stattliches Gewächs mit stabilen Wurzeln und starkem Geäst“. Die Bürger-Energiegenossenschaft eG Großeicholzheim, vor zehn Jahren als Idee eines Nahwärmenetzes gegründet, feierte im Rahmen der Generalversammlung in der Schloßgartenhalle Geburtstag.
Zu Beginn klangen die Inhalte der „Biogas-Anlage“ als exotisch und so musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden, um den genossenschaftlichen Gedanken in die Köpfe der Bürger und Nutzer zu bringen.
Doch wie die Zahlen von Reinhold Rapp bewiesen, hatte sich die Überzeugungsarbeit gelohnt, denn hatte man 2011 mit 88 Mitgliedern 44.000 Euro Geschäftsguthaben, so kann man 2021 auf 144 Mitglieder und 530.000 Euro Geschäftsguthaben stolz sein, wobei Rapp den Gesamtumsatz von 2014 bis 2021 mit 2.658.154 Euro bezifferte.
Bürgermeister Thomas Ludwig als engagierter Verfechter der Anlage und Vorsitzender des Aufsichtsrates: „Man weiß, dass sich Großeicholzheim mit seiner Einwohnerschaft schon von je her durch einen besonders großen Bürgersinn auszeichnet und dass der Zusammenhalt schon immer sehr groß war. Wenn jemand mit einer pfiffigen Idee auftaucht, ist der Tatendurst hier schnell geweckt“.
Unter dem Aspekt „Vertrauen“ hatten sich viele Menschen im Jahre 2011 die Idee verinnerlicht, dass der Bau eines Nahwärmenetzes die richtige Zukunftsentscheidung ist und so konnte dieses Werk begonnen und zu seiner heutigen Blüte geführt werden.
Der Zweck einer Genossenschaft bestehe nämlich gerade nicht darin, die Vermögen jener Teilhaber zu mehren, die schon viel haben, sondern es gehe einzig und allein darum, durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Belange aller Mitglieder zu fördern, so der Bürgermeister.
Die Idee einer regionalen Wertschöpfung mündete dahingehend, die ansonsten weitgehend ungenutzt gebliebene Abwärme der Biogas-Anlage in der Bannholzsiedlung zur Versorgung von Privathaushalten, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen in Großeicholzheim mit Wärme für Heizung und Warmwasser zu nutzen.
Somit könne eine weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen erreicht werden, was durch die aktuellen Ereignisse deutlich unterstrichen werde, sagte Ludwig weiter. Er erinnerte auch an die an der Gründung beteiligten Personen aus Bürgerschaft, der Kommune, Firmen, den Behörden bis zur Landesregierung, die sich zusammen mit den örtlichen Banken wie der Sparkasse Neckar-Odenwald und der Volksbank Mosbach sehr stark engagiert hatten.
Einen wichtigen Part spielte und spielt die Biogas Seckach mit ihrem Geschäftsführer Reiner Wetterauer, die als Wärmelieferant nicht nur in betrieblicher Hinsicht als wichtigster Partner der Genossenschaft gelte, sondern von ihr stammte auch das Startkapital, mit welchem die Genossenschaft schon während ihrer Gründungsphase die ersten technischen Voruntersuchungen in Auftrag geben konnte.
Ein besonderer Dank des Aufsichtsratsvorsitzenden galt namens aller Mitglieder den drei Vorständen Roland Bangert, Roman Henn und Reinhold Rapp für ihre wertvolle Arbeit. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass sich Menschen nun schon seit über zehn Jahren in den Dienst einer guten Sache stellen.
Sie tragen zuverlässig Verantwortung gegenüber den Mitgliedern, die sich auf eine stete Wärmelieferung rund um die Uhr verlassen, aber auch an die Verantwortung für das wirtschaftliche Wohl der Genossenschaft sowie die Pflicht auch den Geschäftspartnern, dem Genossenschaftsverband und nicht zuletzt den finanzierenden Banken jederzeit Rechenschaft abzulegen. Als kleines Dankeschön überreichte Thomas Ludwig den drei Vorständen je ein Präsent.
Bereichert wurde dieser „Geburtstag“ durch ein Referat von Thomas Karle aus Kupferzell-Füßbach, der im vergangenen Jahr als bester Landwirt mit dem Ceres-Award ausgezeichnet wurde für sein Engagement für erneuerbare Energie und nachhaltiges Wirtschaften.
Er berichtete, dass seine Agro-Energie Hohenlohe GmbH& Co. KG seit mittlerweile 20 Jahren eine Biogasanlage betreibt und damit zu den Pionieren dieser relativ jungen Branche gehört. Sie hätten es geschafft, dass seine Firma und Füßbach inzwischen auf drei gesunden nachhaltigen Füßen steht.
Denn die fermentierte Biomasse besteht vor allem aus biogenen Reststoffen wie Gemüseresten und Weintraubentrester regionaler Firmen und Genossenschaften sowie aus Mist und Gülle benachbarter Landwirte und aus Grüngut.
Das daraus gewonnene Biogas wird zur Strom- und Wärmegewinnung, die anfallende Wärme ganzjährig zu 100 Prozent zur Wärmeversorgung von Füßbach – leider ohne Genossenschaft – sowie zur Trocknung von Getreide und zur Herstellung des Naturdüngers NADU genutzt.
Dieser Naturdünger wird ausschließlich aus den Gärprodukten der Biogasanlage hergestellt. Hierfür werden die Gärprodukte nach der Fermentation separiert, getrocknet und anschließend pelletiert. Das dritte Standbein ist ausschließlich für die Füßbacher ins Leben gerufen worden und nennt sich „eFüßle“.
Dahinter verbergen sich zwei Elektrofahrzeuge, die relativ einfach und zu sehr günstigen Konditionen von den Füßbachern über Internet gebucht und genutzt werden können. Das System, so Thomas Karle abschließend habe sich bewährt und soll weiter ausgebaut werden, z. B. mit Elektro-Seniorenfahrzeugen, bevor er die Großeicholzheimer einlud, sich diese Variante doch einmal vor Ort im Hohenlohischen anzusehen.