Ein Abend mit Geschichte und Geschichten

Die Stadtbücherei Adelsheim hatte zu einer einzigartigen Geschichtsstunde mit Heimatforscher Albert Rückert geladen. (Foto: pm)

Adelsheim. (pm) Am vergangenen Freitag verwandelte sich das historische alte Rathaus in Adelsheim in einen Schauplatz lebendiger Geschichtserzählung. Denn die Stadtbücherei Adelsheim hatte zu einem besonderen Vortragsabend unter dem vielversprechenden Titel „Wie es damals war – Ein Streifzug durch die Adelsheimer Stadtgeschichte“ eingeladen.

Büchereileiterin Karin Rauch konnte im bis auf den letzten Platz gefüllten Trauzimmer eine beeindruckende Menge an geschichtsinteressierten Bürgern begrüßen, die gespannt auf die Erzählungen des Heimatforschers und Hobbyhistorikers Albert Rückert warteten. Rauch begrüßte besonders Baron Louis Ferdinand von Adelsheim von Ernest, der als Nachfahre der Gründerfamilie der Stadt eine besondere Verbindung zur Geschichte Adelsheims hat. 

In diesem historisch aufgeladenen Ambiente führte Albert Rückert die Anwesenden in seinem einstündigen Vortrag quer durch die wechselvolle Geschichte der Stadt, von den ersten Kapiteln über die lebhaften siebziger und achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, und erweckte in überzeugender Weise Vergangenes zum Leben.

Rückert entfaltete die Chronik Adelsheims mit einer Detailtiefe, die die Zuhörer in die frühen Jahre der Stadt zurückversetzte. Er beleuchtete die Gründungszeit durch die Freiherren von Adelsheim, deren Einfluss Adelsheim eine herausragende Stellung im fränkischen Reichsritterkreis sicherte und 1374 zur Stadtrechtsverleihung führte. 

Diese historische Epoche brachte der Stadt viele Privilegien, obwohl ihre Bevölkerung, hauptsächlich landwirtschaftlich lebend, ein sehr bescheidenes Leben führte. Rückert berührte auch die Schatten des 30-Jährigen Krieges, eine Zeit, in der Adelsheim, strategisch an wichtigen Durchgangsstraßen gelegen, schwer zu leiden hatte. Doch selbst in diesen düsteren Zeiten gab es Lichtblicke, wie das Beispiel des Gastwirts Andreas Schleud zeigt, der 1619 das mutige Risiko einging, das heutige alte Rathaus als Gasthaus „Zum Güldenen Hirschen“ zu eröffnen.

Besonderes Augenmerk legte Rückert auf die Blütezeit Adelsheims im 19. Jahrhundert, als die Stadt 1828 zum Sitz des Bezirksamtes wurde und eine zentrale Bedeutung erlangte, die nicht nur die Stadt, sondern das gesamte südliche Bauland nachhaltig prägte. 

Mit der Anbindung an die Eisenbahnstrecken sowie der Etablierung von Amtsgericht (1846), Forstamt (1849), Sparkasse (1853), Krankenhaus (1867) und der Herausgabe der Tageszeitung „Bauländer Bote“ (1875) entwickelte sich Adelsheim zu einem infrastrukturellen und wirtschaftlichen Knotenpunkt. Der Höhepunkt dieser Entwicklung war die Inbetriebnahme des Adelsheimer E-Werks im Jahr 1897, das erstmals Elektrizität für Sennfeld und Adelsheim lieferte und damit ein neues Zeitalter für die Region einläutete.

In einem weiteren Teil des Vortrags widmete sich Rückert der Nachkriegszeit in Adelsheim. Er beschrieb die Ankunft der heimatvertriebenen Menschen neben der evangelischen Kirche und auf dem Rathausplatz, eine Szenerie gezeichnet von Entbehrung und Erschöpfung: „Es war ein erschütterndes Bild, das ich nicht vergessen werde, als die heimatvertriebenen Menschen mit ihren wenigen Habseligkeiten abgemagert, zermürbt und am Ende ihrer Kräfte ankamen.“ Diese Zeit war sowohl für die Einheimischen als auch für die Neubürger herausfordernd, brachte jedoch auch Wandel und Entwicklung mit sich.

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Rückert erzählte von seiner Schulzeit zwischen 1944 und 1952, als das Schulglöckle, heute das älteste Inventar der Stadt, die Kinder zum Unterricht im 1881 erbauten Schulhaus rief – eine Szene, die er aus heutiger Sicht als „Romantik pur“ bezeichnete. Er malte ein Bild von Adelsheim als lebendigem Kleinstädtchen mit einer Vielzahl von Handwerksbetrieben und Geschäften, die die Hauptstraße säumten, und einer blühenden Gemeinschaft, die sich durch die Heimatvertriebenen vergrößerte.

Dieser Bevölkerungszuwachs führte auch zu einer regen Bautätigkeit, die von den Vorstädten ausgehend, rasch in die Täler und in die Hänge überging. Es entstanden neue Stadtteile im Norden, Süden und Osten sowie ein weiteres Stadtviertel in beherrschender Lage über der Stadt auf dem Eckenberg. Die Erzählungen Rückerts umfassten weitere Stationen der Adelsheimer Geschichte, bedeutenden Persönlichkeiten hin zum kulturellen und wirtschaftlichen Wachstum. Er sprach auch über Zeiten des Umbruchs und Verlusts, insbesondere die Neugestaltung der Marktstraße 1965, die zum Verlust vieler historischer Bauten führte.

Bevor Rückert das Ende seines Vortrags einläutete, würdigte er die kulturellen Beiträge von Freiherr Louis Ferdinand von Adelsheim von Ernest: „Dazu die Worte meines Bruders Hans Rückert in seinem Büchlein ‚Adel verpflichtet‘: „Der heutige Schlossherr […] setzt neben der Verwaltung der Güter herausragende künstlerische Akzente.“ Als anerkannter Videokünstler lässt er Adelsheim und sein Oberschloss in großartigen Illuminationen erstrahlen, unterstützt vom Verein „Adelsheim leuchtet“. Diese kulturellen Aktivitäten haben Adelsheim überregional als kulturellen Mittelpunkt etabliert, betonte Rückert in seinem Vortrag.

Zum Abschluss seines einstündigen Vortrags unterstrich Albert Rückert das Wechselspiel aus Erfolg und Herausforderung, das Adelsheim im Laufe seiner Geschichte geformt hat. Mit der Erkenntnis, dass sowohl glorreiche Epochen als auch schwierige Zeiten den Charakter einer Stadt prägen, erklärte Rückert:„Blicken wir zurück auf die geschilderten Stationen der Stadtgeschichte, war es ein Blick auf Licht und Schatten auf Blütezeiten unseres Städtchens, als auch auf vertane Chancen. Aber auch auf arbeitsame Bürger und Bürgerinnen tragende Säulen, Fundamente und Pfeiler, auf denen unsere Stadt weiterwachsen wird." 

Der begeisterte Applaus und die regen Diskussionen bei einem Glas Sekt im Anschluss an den Vortrag zeigten nicht nur die tiefe Verbundenheit der Adelsheimer mit ihrer Stadtgeschichte, sondern auch die Wertschätzung für Albert Rückerts Fähigkeit, Vergangenes lebendig und greifbar zu machen.

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