NZ-Analyse: Bürgermeisterwahl Aglasterhausen

Gemeinsam mit Sabine Schweiger und Stefan Kron analysiert NOKZETI die Bürgermeisterwahl in Aglasterhausen. (Foto: pm/Fotografie: Barbara Wagner)
Aglasterhausen.Es war die kommunalpolitische Sensation, die am vergangenen Sonntag, nicht nur innerhalb der Gemeinde Aglasterhausen, sondern im gesamten Neckar-Odenwald-Kreis und darüber hinaus, Schockwellen aussandte. NZ hat die Wahl gemeinsam mit den Kandidaten Sabine Schweiger und Stefan Kron analysiert.

In der 4.900 Einwohner zählenden Gemeinde im Kleinen Odenwald, mit den Ortsteilen Aglasterhausen, Breitenbronn, Daudenzell und Michelbach, stellte sich nach acht Jahren die Amtsinhaberin Sabine Schweiger zur Wiederwahl. Alle Beobachter, viele Bürger und auch die Medien waren von einem klaren Erfolg der ersten und einzigen Bürgermeisterin im Neckar-Odenwald-Kreis ausgegangenen.

Mit Stefan Kron, Prokurist bei einem mittelständige Unternehmen, war zwar ein respektabler Gegenkandidat angetreten, doch selbst Kron war nicht von (s)einem Sieg ausgegangen. Auch in der NZ-Redaktion war der Bericht schon vor der Auszählung geschrieben, lediglich die Zahlen fehlten noch.

Dann gab es die Überraschung bzw. Sensation. Im Mai noch als Stimmenkönigin für die CDU in den Kreistag Neckar-Odenwald gewählt, bekam Sabine Schweiger knapp 300 Stimmen weniger als ihr Herausforderer. Somit siegte Stefan Kron mit 55,74 Prozent (1.200 Stimmen), während Sabine Schweiger nur auf 43,24 Prozent (931 Stimmen) kam. (Wahlergebnis im Detail)

Doch wenige Tage nach dem Schock hat sich die Bürgermeisterin gerappelt und besinnt sich auf ihre innere Stärke, lässt Schweiger die NZ-Redaktion wissen. Als Frau mit Sachverstand, Weitblick und Herz sei sie zwar von der Niederlage verletzt, findet aber Kraft dank ihrer Familie, die mit Stolz und Bewunderung auf Partnerin und Mutter blicken, und vor allem die Souveränität schätzen, mit der Sabine Schweiger ihr Amt ausgefüllt und nun die Niederlage weggesteckt habe.

Nur zwei Tage nach dem Aus ist es für eine umfassende Analyse noch zu früh, doch Schweiger geht davon aus, dass die Wahlsensation, für die es keinerlei Anzeichen gegeben habe, möglicherweise auf die Erfolge der letzten acht Jahre zurückzuführen sei. Aglasterhausen habe sich während ihrer Amtszeit zu einer liebens- und lebenswerten, modernen Gemeinde weiterentwickelt. „Vielleicht war ich zu erfolgreich und man wollte einen Dämpfer“, gibt sich die Bürgermeisterin nachdenklich. Die niedrige Wahlbeteiligung habe dann zum bekannten Ergebnis geführt, durch das die Bürger Aglasterhausen ihre Bürgermeisterin und der Neckar-Odenwald-Kreis die einzige Frau in diesem Amt verloren haben.

Auch in der Gemeinde und darüber hinaus seien viele Menschen auch deshalb geschockt, weil sie sich so sicher waren, dass Schweiger aufgrund ihrer Leistungen definitiv wieder gewählt werde. Daher seien sie vielfach einfach nicht zur Wahl gegangen sind. „Aber: Nicht- Wählen ist nie eine Option!“, hebt die CDU-Politikerin hervor.

Bei der Kandidatenvorstellung, die aufgrund der Corona-Pandemie online erfolgte, habe sich ein ganz klares Bild gezeichnet, so Sabine Schweiger. Herausforderer Stefan Kron habe offen und ehrlich ein eklatantes Nichtwissen präsentiert, was viele ihrer Unterstützer noch sicherer gemacht hätte. In jedem normalen Bewerbungsgespräch hätte dieses Nichtwissen zu einer klaren Absage geführt, ist sich Sabine Schweiger sicher, während die Wahl gezeigt habe, dass man in der Kommunalpolitik sogar eine Management- Führungsposition einnehmen könne.

Corona sei nicht wahlentscheidend gewesen, ist sich Sabine Schweiger sicher. Man habe als Gemeinde von Beginn an ein vorbildliches Krisenmanagement installiert für das man viel Lob erfahren habe.

Bis zur Amtsübernahme will Sabine Schweiger ganz normal weiterarbeiten und der Verwaltung in dieser schweren Zeit zur Seite stehen. Dann will sie ihrem Nachfolger einen leeren Schreibtisch, damit er seine eigenen Ideen entwickeln könne. Als Kreisrätin bleibt sie dem Neckar-Odenwald-Kreis aber erhalten, denn die höchste Stimmenzahl im Kleinen Odenwald sei eine Verpflichtung.

Wie eingangs erwähnt, war der Wahlsieg von Stefan Kron mindestens eine Überraschung, da auch aufgrund der Corona-Verhältnisse keine Wechselstimmung auszumachen war. Selbst der Wahlsieger hatte laut eigenen Angaben nur „einen kleinen Funken Hoffnung“, als er seine Wahlunterlagen im Rathaus einreichte.

Auch die Tatsache, dass im Rathaus und im Gemeinderat nicht schlecht gearbeitet worden sei, habe nicht auf einen solch eindeutigen Sieg hingewiesen, zeigt sich Stefan Kron gegenüber der NZ-Redaktion auch zwei Tage nach dem Urnengang überwältigt.

Trotz guten Arbeit mit fähigen Personen in der Verwaltung, zeigen 1.200 Wähler, dass sie sich einen deutlich bürgernäheres Gemeindeoberhaupt wünschen, so Kron. Im sei signalisiert worden, dass man sich einen Rathauschef wünsche, der sich selbst als Teil der Gemeinde verstehe und offen für die Anliegen der Bürger sei. Dies sei ein wesentlicher Faktor für den Wechsel, betont der kommende Bürgermeister. Auch diverse Aussagen im Livestream hätten letztlich dazu geführt, dass Sabine Schweiger die Wahl verloren habe, stellt Kron klar. Die Wahl sieht der Prokurist als große Chance für sich und die vier Ortsteile.

Trotz der Corona-Bedingungen, die es einem Herausforderer deutlich schwieriger machen, sei es ihm mit Social Media, Webmeeting, Email, Telefonaten, Flyern, Broschüren und Weihnachtskarten gelungen, die Bürger zu erreichen. Diese habe er gemeinsam mit seiner Familie in vielen Stunden selbst verteilt. Dadurch habe er den Wählern sein Engagement verdeutlich und Offenheit signalisiert, hebt Stefan Kron hervor.
 
Die Auswertung der einzelnen Wahlbezirke verdeutliche, dass seine Botschaft überall angekommen sei, liege er doch in allen Bezirken an der Spitze, freut sich der 39-Jährige. In den kommenden acht Jahren sei es ihm nun wichtig, auch die Bürger abzuholen, die ihn nicht gewählt hätten. Wichtig sei ihm, sich künftig mehr um die Ortsteile zu kümmern als bisher. Hier habe Bürgermeisterin Schweiger deutlich verloren.

Die niedriger Wahlbeteiligung sei für seine Wahl sicherlich nicht ausschlaggebend gewesen, ist Kron überzeugt. Viele seien bestimmt nicht zur Wahl gegangen, da sie den Ausgang für gegeben hielten, an der prozentualen Verteilung der Stimmen hätte eine höhereBeteiligung aber nichts geändert.

In den kommenden Wochen bis zur Amtsübernahme will sich der Wahlsieger schnell in die verschiedenen Themen der Gemeinde einarbeiten, sich Wissen aneignen, weiterhin mit offen Ohren auf die Bürger zugehen, persönliche Gespräche suchen, um Verbesserungsvorschläge herauszuarbeiten.

Bei all den Herausforderungen will sich Stefan Kron keiner politischen Richtung zuordnen. Er sei ein parteiloser Mann der Mitte, dessen Entscheidungen von keiner politischen Partei im Hintergrund beeinflusst werden, schließt Stefan Kron seine Ausführungen.

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