Sachpolitik bleibt oberstes Gebot

(Foto: pm)
Merchingen. (pm) Zu ihrem Wahlkampfauftakt kamen die Kreistagskandidaten der Freien Wähler (FW) für den Bauland-Wahlkreis im Golf-Restaurant in Merchingen zusammen. Einige Kandidaten hatten sich wegen Krankheit bzw. aus beruflichen oder familiären Gründen entschuldigen müssen.

Kreisrat und Bürgermeister Thomas Ludwig (Seckach) begrüßte die Anwesenden und berichtete zunächst über den Stand der Arbeiten für den Wahlprospekt. Aber auch in den Sozialen Medien werden die FW präsent sein, ergänzte Bürgermeister Ralph Matousek (Rosenberg). Darüber hinaus wird wieder intensiv das persönliche Gespräch mit den Bürgerinnen und Bürgern gesucht, denn aktuelle Themen, die die Menschen umtreiben, gibt es in der Kreispolitik zur Genüge.

Die größte Sorge gilt zurzeit der Sicherstellung der ärztlichen Versorgung. Zahlreiche Haus- und Facharztsitze sind unbesetzt und nun war mit der Schließung des Allgemeinen Notfalldienstes in Buchen (NZ berichtete) ein weiterer Rückschlag zu verkraften. „Der Kahlschlag, welcher vor über zehn Jahren mit der Schließung des Bereitschaftsdiensts in Adelsheim begann, setzt sich unvermindert fort“, bedauerte Kämmerer Rainer Schöll (Adelsheim).

Die Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung, dass man im Ländlichen Raum auf Angebote der Telemedizin setzen wolle, klingt da wie blanker Hohn. Noch gefährlicher ist aber die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung bei den Neckar-Odenwald-Kliniken, zumal die Bundespolitik mit dem sozialdemokratischen Gesundheitsminister immer mehr Krankenhäuser sehenden Auges in die Insolvenz rutschen lässt.

„Dieses Verhalten ist unverantwortlich. Häuser der Grund- und Regelversorgung müssen der Bevölkerung auch künftig flächendeckend in erreichbarer Entfernung zur Verfügung stehen“, war man sich einig.

Nichts voran geht aus Sicht der FW auch beim Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV. „Einerseits sollen die Bürger zum Umstieg in Bus und Bahn bewogen werden, doch andererseits ist das Angebot auf der Frankenbahn sehr unzuverlässig und bei der S-Bahn wartet das Bauland schon seit über 20 Jahren auf den Halbstundentakt“, berichtete Gemeinderat Erwin Knörzer-Ehrenfried (Osterburken).

Darüber ist das Busverkehrsangebot in vielen Orten abseits der Bahnlinien noch immer meilenweit von der vom Land versprochenen Mobilitätsgarantie entfernt. „Das Deutschlandticket ist grundsätzlich eine richtige Maßnahme zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV, aber mit diesem Geld hätte zuerst die Infrastruktur ertüchtigt werden müssen, z.B. auch zur Beschleunigung der Madonnenlandbahn nach Miltenberg“, pflichtete ihm Thomas Ludwig bei. Solange sich diesbezüglich aber nichts tut, kann von den Kreiseinwohnern auch nicht verlangt werden, dass sie eine monatliche Mobilitätsabgabe bezahlen.

„Wofür denn?“ lautete die rhetorische Frage aller Anwesenden. Die Freien Wähler werden sich auch in den kommenden fünf Jahren für den konsequenten Ausbau des ÖPNV-Angebots auf Schiene und Straße einsetzen. Außerdem freute man sich, dass die auf Initiative der FW-Kreistagsfraktion eingerichtete Elektronische Mitfahrplattform (MiFaZ) schon wenige Wochen nach ihrem Start sehr ordentliche Nutzerzahlen aufweist.

„Die große Stärke Baden-Württembergs war über Jahrzehnte die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Großstadt und auf dem Land“, leitete Ralph Matousek schließlich die Diskussion über das derzeitige Reizthema Nr. 1 ein: den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Leider verfolgen die Grünen im Kreistag eine „Schwarz-Weiß“-Philosophie gemäß dem Motto: „Wer sich nicht bedingungslos für den Bau von Windrädern und Freiflächen-PV-Anlagen einsetzt, ist gegen die Energiewende und stärkt die politischen Ränder.“

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Doch so einfach sei die Welt nun einmal nicht. Gerade in einer Demokratie müsse das sachlich-kritische Hinterfragen von Vorhaben und Zielen erlaubt sein. „Parteiideologie und Parteipolitik haben in den Niederungen der Kommunalpolitik nichts verloren“, stimmte Erwin Knörzer-Ehrenfried zu. Dass es im „Einheitlichen“ Regionalplan einer Metropolregion drei verschiedene Abstandsregeln für Windräder zu den Ortslagen geben könnte, hätte sich bis vor Kurzem noch niemand vorstellen können. „Die Freien Wähler stehen zu 100 Prozent hinter den Ausbauzielen für die Erneuerbaren Energien“, führte Matousek weiter aus, „was man nicht zuletzt an den in Rosenberg und Seckach bereits realisierten Projekten erkennen kann.“ Andererseits müsse aber jedermann klar sein, dass Flächenausweisungen, wie sie vom Verband Region Rhein-Neckar z.B. in Ravenstein (25 Prozent der Gemarkungsfläche) und Rosenberg (16 Prozent der Gemarkungsfläche) geplant sind, den Widerstand der Einwohnerschaft förmlich provozieren. Demgegenüber wird die Erschließung von Wohnbau- und Gewerbegebieten auch von den Grünen im Kreistag weiterhin als „schlechter Flächenverbrauch“ gegeißelt.

„Mit einer solchen Politik entzieht man den Menschen im Ländlichen Raum ihre Lebensgrundlage. Die Wohnraumnot wird immer größer und ansiedlungswillige Unternehmen finden ebenfalls keinen Bauplatz“, berichtete Thomas Ludwig. „Die Energiewende wird nur mit, aber nicht gegen den Willen der Bevölkerung vor Ort gelingen“, ist auch Rainer Schöll überzeugt. Deshalb müsse die Abstandregel zu den bebauten Flächen einheitlich auf 1.000 Meter festgelegt werden.

Den sehr viel dichter bebauten Kommunen der Metropolregion (also Mannheim, Heidelberg und der Rhein-Neckar-Kreis) sollte aber die Möglichkeit eingeräumt werden, diesen Mindestabstand zu unterschreiten, damit auch die dortigen Gebietskörperschaften eigene Beiträge zur Energiewende leisten können. „Die Freien Wähler stehen weiterhin zu 100 Prozent für eine ausschließlich an der Sache und am Wohl der einheimischen Bevölkerung orientierte Kreispolitik“, schloss Thomas Ludwig die lebhafte Aussprache zur Kreispolitik, ehe erste Überlegungen zu der noch für dieses Jahr geplanten Gründung des Freien Wähler-Ortsverbandes Bauland angestellt wurden.

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